Pfaffenhofen:Bitte meckern!

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Radler sollen Gefahren melden

Von Johann Osel, Pfaffenhofen

Sucht man im Internet nach den Begriffen "Radfahrer" und "Beschwerden", landet man fast ausschließlich bei Groll über diese Spezies. Autofahrer meckern, wenn Radler auf der Straße fahren, weichen sie auf Gehwege aus, poltern Fußgänger. Ganz allgemein scheinen die Radler unter allen Verkehrsteilnehmern am häufigsten Ziel von Zorn und Spott zu sein. Das gipfelt in Betrachtungen über "Rowdy-Radler" und "Rad-Rüpel" - sogar ein Bundesverkehrsminister, seinerzeit Peter Ramsauer von der CSU, sah sich 2012 mal bemüßigt, die "Verrohung" durch "Kampf-Radler" zu rügen und ihnen den Kampf anzusagen. Die Wortneuschöpfung "Kampf-Radler" erinnerte damals viele an den "Problem-Bären", dem die CSU bereits zuvor Einhalt geboten hatte. Fahndet man konkret nach Beschwerden von Radfahrern, liest man noch Schlimmeres: Bandscheibenvorfall, Furunkel am Po, Hodenprellung. Wohl ist die Lobby für Radler und deren Sorgen zu leise - oder sie wird zu wenig erhört. Anders jetzt im Landkreis Pfaffenhofen. "Pedal-Plauderer" heißt da eine Aktion des Kommunalunternehmens für Strukturentwicklung (KUS). Gesucht werden: Meckerer. Die Bürger sind aufgerufen, in einem Online-Portal mit Karte all das einzutragen, was ihnen nicht passt als Radfahrer im Landkreis.

"Natürlich sind es die Radler, die am besten über Schwachstellen Bescheid wissen", sagt Andreas Regensburger, Bereichsleiter beim KUS. Nach einer Pilotphase im Herbst 2017 soll das Projekt nun etabliert werden, um die Qualität der Wege zu verbessern und Gefahrenstellen ausfindig zu machen. Start war diese Woche der - zumindest kalendarische - Frühlingsbeginn. Schon in der Pilot-Phase habe es gut 100 Rückmeldungen gegeben. Mancher nimmt es diesen zufolge ganz genau, jeder suboptimale Belag mit Steinchen findet Erwähnung; viele andere plagen echte Anliegen. Klassisch: Radwege enden auf Fußgängerwegen und viel befahrenen Straßen oder sind nicht ausgeschildert. Auch loben sollen Radler übrigens, wenn's was zu loben gibt. Etwa schöne Stellen für eine Rast.

Das Projekt gibt die Schwachstellen an zuständige Gemeinden und den Landkreis weiter. Wenn irgendwo Äste herumliegen, kann das ein Bauhof schnell beheben. "Vieles geht aber nicht von heute auf morgen, es lassen sich nicht schnell kilometerweise neue Radwege bauen", sagt Regensburger. In den vergangenen Tagen sei der Rummel auf dem Portal noch verhalten gewesen, "mit besserem Wetter kommen die Freizeit-Radler, hoffen wir, nicht nur die Hartgesottenen".

Der Kreis arbeitet mit der Pfaffenhofener Gruppe des Fahrrad-Clubs ADFC zusammen. Dem ADFC Bayern ist kein weiteres solches Portal einer Kommune bekannt. Der Verband hat sich neulich erst zu Wort gemeldet, sei es mit Blick auf den aufziehenden Frühling oder aufziehenden Wahlkampf. Ein Rad-Gesetz für den Freistaat müsse demnach her, um den Radverkehrsanteil bis 2025 zu verdoppeln. Dies sei ja bereits Kernziel des Radverkehrsprogramms der Staatsregierung - ohne rechtliche Vorgaben bleibe es aber jeder Kommune überlassen, ob und wie sie das Thema vorantreibe. Wobei Pfaffenhofen zeigt, dass so auch Gutes entstehen kann.

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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