Obersalzberg:Die Bank und ihr Hotel

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Auf Druck der Staatsregierung baute die BayernLB am Obersalzberg ein Luxushotel - das kostete die Bank rund 50 Millionen Euro.

Heiner Effern und Klaus Ott

Die kantigen Gipfel der Berchtesgadener Alpen sind bereits mit Schnee überzuckert. Wenn man vom Balkon des Fünf-Sterne-Hotels Berchtesgaden Resort am Obersalzberg hinaufblickt zum Hohen Göll, dann bietet sich eine Postkarten-Idylle, die man für einen Prospekt nicht besser gestalten könnte.

Das umstrittene Fünf-Sterne-Hotel auf dem Obersalzberg in den ersten Wochen nach der Eröffnung: der Blick vom Balkon auf den Hohen Göll (Foto: Foto: Günter R. Müller)

Einzig die politische Vergangenheit lässt sich nicht retuschieren, denn in dieser Kulisse entstanden auf Hitlers Berghof mit die schrecklichsten Pläne des Nationalsozialismus. Die Nazi-Elite kam hierher zu Besuch.

Die Eröffnung des Hotels auf dem Obersalzberg im März 2005 war deshalb höchst umstritten und brachte dem Freistaat weltweit kritische Schlagzeilen ein. Der Zentralrat der Juden sprach von einer "Enthistorisierung des Ortes", doch Bayerns Regierung ließ sich nicht beirren.

Zwei Vorhaben sollten verhindern, dass die Berge östlich von Berchtesgaden zu einem Treffpunkt alter und neuer Nazis werden. Vor knapp zehn Jahren entstand das Dokumentationszentrum Obersalzberg, das die nationalsozialistische Vergangenheit dieser Stätte thematisiert, gut ein halbes Jahrzehnt später kam das Luxus-Hotel hinzu.

Bis zu Löffel und Bettlaken

Um das Hotel in den Alpen kümmert sich die "Berchtesgaden International Resort Betriebs GmbH", eine Tochtergesellschaft der Bayerischen Landesbank (BayernLB), die sich wiederum im Besitz des Freistaats und der Sparkassen befindet.

Der Landesbank-Tochter gehört das Hotel auf dem Obersalzberg, bis zum letzten Löffel und Bettlaken. Verpachtet ist das Haus an die Interconti-Gruppe, die es betreibt. Wie die Staatsbank dazu kam, ein solches Luxushotel zu errichten, ist eine ganz eigene Geschichte, die viel aussagt über das Verständnis der Regierung von der Landesbank und den Umgang mit dem öffentlichen Finanzinstitut.

Man sei, schimpft ein BayernLB-Manager, von der Regierung für politische Zwecke benutzt, um nicht zu sagen missbraucht worden. Für lautere Ziele zwar, nämlich um Nazis von dieser Stätte fernzuhalten. Das sei aber nicht die Aufgabe der Landesbank.

Solche Vorhaben müsse der Freistaat schon selbst anpacken, mit eigenem Geld. Es sei freilich bequem, in solchen Fällen einfach auf die eigene Bank zurückzugreifen, zürnt der Manager. Genau das sei einer der Gründe für die heutige Lage der BayernLB, die zehn Milliarden Euro vom Freistaat braucht, um überleben zu können.

Die Staatsbank sei lange Zeit politisch geführt und beaufsichtigt worden, nicht die Sachkunde, sondern andere Interessen hätten häufig den Ausschlag gegeben. So auch in diesem Fall.

Etwa 50 Millionen Euro hat der Bau des Luxushotels die Landesbank gekostet, an dem vor allem der langjährige Finanzminister Kurt Faltlhauser stark interessiert war. Einwände der BayernLB wischte der CSU-Politiker beiseite, etwa in einem Brief vom 7. Mai 2002 an den damaligen Bankchef Werner Schmidt und dessen Vorstandskollegen Rudolf Hanisch.

"Angesichts der besonderen Bedeutung des Projekts, insbesondere für den strukturschwachen Raum Berchtesgaden, halte ich es für dringend erforderlich, dass nunmehr rasch mit dem Bau begonnen wird. Ansonsten ist der geplante Fertigstellungstermin 2005 wohl nicht mehr zu halten", schrieb Minister Faltlhauser.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum die Interconti-Gruppe mit der Auslastung des Hotels zufrieden ist.

Das klang beinahe wie eine Dienstanweisung, in der nicht nur lautere Motive, sondern auch wirtschaftliche Ziele durchscheinen. Der Minister notierte weiter, um "etwaige Irritationen" auszuräumen, halte er ein gemeinsames Gespräch mit Sparkassenpräsident Siegfried Naser für sinnvoll, "möglichst kurzfristig".

Außenansicht des Hotels am Obersalzberg bei Berchtesgaden. (Foto: Foto: ddp)

Handschriftlich fügte Faltlhauser hinzu, er habe mit Naser bereits gesprochen. Der wolle seine Haltung "nicht sehr hoch hängen". Das bedeute, mit der Sparkassenseite "haben wir bei diesem Projekt keine Probleme".

Das Wort "keine" war unterstrichen. Zwischen den Zeilen sollte das wohl heißen, auch die Bank solle gefälligst keine Probleme machen. Der Minister hatte sich unter anderem über einen Einwand geärgert, der eine weitreichende Zusage der Bank betraf.

Das staatliche Geldinstitut hatte bereits im November 2000 zugesichert, bis zu 40 Prozent der Konferenz- und Tagungskapazitäten in dem Luxushotel zu nutzen und darüber hinaus eine Auslastung der Hotelzimmer von bis zu 20 Prozent zu garantieren.

In der BayernLB wird das heute als unverständlich betrachtet. Man habe im Großraum München genügend Kapazitäten, und warum solle man eigene Mitarbeiter wie auch Geschäftspartner stundenlang bis zum Obersalzberg fahren, um dort zu tagen.

Wie das Projekt zu verwirklichen sei, war schon besprochen worden, bevor Faltlhauser den direkten Brief schreiben musste. Der Finanzminister saß mit mehreren Bankvorständen zusammen, darunter CSU-Finanzpolitiker aus dem Landtag. Am Schluss bedankte sich der Minister bei der Landesbank "für die Bereitschaft zur maßgeblichen Mitwirkung an der ... zukunftsorientierten Neugestaltung der Nutzung dieses sensiblen Grundstückes."

Als Lehner dann ging und Werner Schmidt Bankchef wurde, gab es freilich die ersten Einwände. Schmidt schrieb zusammen mit dem Vorstandskollegen Hanisch am 30. April 2002 an Faltlhauser, die Bank sei inzwischen nicht mehr imstande, die "seinerzeit gegebene 20-prozentige Belegungszusage durch Eigennutzung in Form von 10.000 Seminartagen pro Jahr zu erbringen".

Hohe Ausgleichszahlungen

Nun war von Ausgleichszahlungen in Höhe von etwa einer Million Euro pro Jahr die Rede, zu denen es aber nicht gekommen sein soll. Faltlhauser antwortete mit dem Brief vom 7. Mai 2002, der offenbar Wirkung hinterließ. Jedenfalls verständigte sich der Bankvorstand kurz darauf laut Protokoll, "die Differenz aus der Nichtbelegung zu den zugesagten 20 Prozent anderweitig auszugleichen".

Für den Bau hatte man sich auf folgendes Konstrukt geeinigt: Der Freistaat überträgt das Gelände in Erbpacht auf die Gewerbegrund GmbH, ebenfalls eine hundertprozentige Tochter der BayernLB. Diese hat die Verantwortung nun offenbar an ihre Schwester, die Betriebs-GmbH, übergeben.

Diese ist Ansprechpartner für die Interconti-Gruppe, die sich mit dem Geschäft am Obersalzberg zufrieden zeigt. Man habe 2007 und 2008 den Profit verdoppeln können und liege derzeit bei einer Auslastung von etwa 60 Prozent, sagt Frank Saller, Direktor für Tourismus und Marketing des Hotels.

© SZ vom 09.12.2008/gdo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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