Oberärztin:Renate Demharter, 59

Lesezeit: 1 min

Renate Demharter arbeitet in Augsburg. (Foto: Ulrich Wirth)

Protokoll von Lisa Schnell

Bei uns betreut eine Intensiv-Pflegekraft manchmal drei bis vier Patienten. Eigentlich sollten es zwei sein. Oft sagen wir dem Rettungsdienst, wir sind voll, dabei hätten wir die Betten, nur nicht genügend Pfleger. Einmal hatte ich für einen Patienten keinen Platz mehr auf Intensiv. Er hätte intensiv therapiert gehört und atemunterstützt, lag dann aber auf einer Station, wo das nicht ging. Als ich zu ihm kam, war er bewusstlos und ich musste intubieren, ihm also einen Schlauch in die Luftröhre schieben. Er hatte damit ein höheres Risiko von Lungenentzündungen. Das ist schon eine heftigere Maßnahme, als wenn er einfach eine Beatmungsmaske bekommen hätte. Aber das ist auf dieser Station eben nicht möglich.

Wenn ein Intensivfall reinkommt, muss oft geschaut werden, ob es einem Patienten so gut geht, dass man ihn auf eine Normalstation verlegen kann. Das führt dazu, dass Patienten die Intensivstation zu früh verlassen und sich ihr Zustand wieder verschlechtert. Manchmal müssen wir Pfleger einsetzen, die für die Intensivstation nicht ausgebildet sind. "Das schaffst du schon", heißt es dann. Ihnen so die Verantwortung aufzuhalsen, da ist uns Ärzten nicht wohl dabei. Auch die Hygiene leidet, wenn das Personal überfordert ist. Da wird dann häufig nicht untersucht, ob ein Patient einen multiresistenten Krankenhauskeim haben könnte. Oft fehlt die Zeit, die Akten genau zu studieren. Dabei haben wir eine Klinikleitung, die mehr Geld für Pflege ausgeben will. In einer Vereinbarung mit dem Personalrat wurden Schlüssel festgeschrieben, die eigentlich ausreichen. Nur: Wir finden nicht so viele Pflegekräfte. Ich bin aber sicher, dass sich das ändert, wenn sich die Arbeitsbedingungen verbessern. Viele, die Teilzeit arbeiten, weil sie es anders nicht aushalten, werden zurückkommen. Das haben wir schon gespürt, nachdem wir die Vereinbarung unterschrieben hatten. Da kamen 80 Bewerbungen, dabei hieß es davor: Der Markt ist leer.

© SZ vom 13.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: