Nürnberg: "Plakativ"-Ausstellung:Imaginäres Warenhaus

Werbeplakate sind Spiegel ihre Epoche: Da gibt es den Muskelmann, der für Bier wirbt, oder die biedere Dame, die einen BH präsentiert. Nur ein Exemplar würde heute für einen Eklat sorgen.

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Im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg gibt es derzeit Schönes zu sehen - Werbeplakate aus mehreren Jahrzehnten. Noch bis zum 11. April werden die 350 Objekte in der Sonderschau "Plakativ" gezeigt - als imaginäres Warenhaus und Spiegel der jeweiligen Zeit.Aus dem Raster der damals üblichen Bierwerbung fällt Hohlweins Entwurf für Hasenbräu in Augsburg. Der nackte, muskulöse Oberkörper eines "Supermannes", der mit geballter Faust seine Energie zu kontrollieren scheint, beherrscht als isoliertes Motiv das Plakat.Er verkörpert augenfällig die Wortmarke "Herkules-Bier" mit dem Namen des antiken Helden, der mit seiner Kraft alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumt.Foto: GNM, Herkules-Bier, Ludwig Hohlwein, 1874-1949, um 1925

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Als diese Werbung in den 1970ern erschienen ist, hat sich keiner an der Überschrift gestört. Heute, 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, hätte der Unterhosenhersteller "Jockey" damit für einen handfesten Skandal gesorgt. Der Spruch "Jedem das Seine" wurde einst von den Nazis missbraucht.Dennoch sagt das Plakat viel über die Zeit seiner Entstehung aus - und den Wandel im Umgang mit den Dingen darunter:Seit den 1950er Jahren emanzipierte sich die Männerunterwäsche als Mode- und Werbethema. Die Hersteller präsentierten sportliche Garnituren aus ärmellosem Hemd und beinlosem Slip.Eine rasch wachsende Vielfalt der Farben und Modelle suggerierte in den 60er und 70er Jahren auch dem männlichen Verbraucher "Eine Unterhose ist nichts Alltägliches" und die Firmen versprachen "Jedem sie seinen".Foto: GNM, Jockey Werbeagentur Wiener & Deville, Zürich, um 1970/72

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Auch die Frage, was Frau darunter trägt, beschäftige die Werbung. Im Trend der Zeit: Die Kombination aus Tüll und Satin in lachsrosa.Aus dem Jahr 1937 stammen zwei Plakate, auf denen eine Verkäuferin in "Palmersgrün" dem Betrachter einmal ein bestrumpftes Bein, das andere Mal einen "Büstenformer" präsentiert. Die vollplastische Beinfigurine war in jenen Jahren auch eine gängige Präsentationsform des Handels.Auch die Pose des mit freundlichem Lächeln an anatomisch korrekter Stelle vor den grünen Verkaufskittel gehaltenen "Büstenformers" entspricht der damals üblichen Miederwarenpräsentation am bekleideten Frauenkörper.Foto: GNM, Palmers, Grünring-Strumpf / Palmers Büstenformer, Anonym, 1937

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Galt noch bis zum Ersten Weltkrieg die Beschäftigung von Hauspersonal als Statussymbol, so steigerten nun Besitz und Benutzung eines Staubsaugers das Sozialprestige.Diese Werbebotschaft vermitteln Plakate, auf denen Frauen ohne Schürze in adretter Kleidung ihre Hausarbeit scheinbar "nebenher" erledigen.Auf einer Arbeit des Ateliers Hans Neumann von ca. 1927 mit dem Titel "Elektro Lux" reinigt eine Dame in einem leichten Sommerkleid einen Orientteppich mit einem Modell des schwedischen Herstellers, der seit 1913 Staubsauger herstellte. Ob des guten Ergebnisses, welches sie auch ohne Personal mühelos mit ihrem Elektro-Gerät erreicht hat, sieht sie den Betrachter strahlend an.Foto: GNM, Electro Luc, Atelier Hans Neumann, Wien, um 1927

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Nach dem Zweiten Weltkrieg sorgte der "Wanderer in der Wüste", dem ein Glas Bier als Fata Morgana erscheint, für Furore. Auftraggeber des Plakats, das mit dem Text "Durst wird durch Bier erst schön" erschien, war die "Bierwerbe-GmbH".Mit den "Waffen der Frau" warb bereits in den 1930er Jahren die Firma Odol.Foto: GNM, Bierwerbe GmbH, Heinz Fehling oder Thomas Abeking, 1962, Entwurf um 1953/54

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Das anonyme Plakat von 1932 macht deutlich: Hier geht es nicht mehr um die Gesundheit, vielmehr rückt der kosmetische Aspekt der Schönheit weißer Zähne in den Vordergrund.Augenfällig und durchaus erotisch werden Weiß und Wert der spielerisch in den Mund genommenen Perlenkette mit der - dank Odol - makellosen Zahnreihe einer hübschen Frau in Analogie gebracht.Die Reize der Frau werden auch von dem Waschmittelhersteller Persil in Szene gesetzt.Foto: GNM, Odol, Anonym, um 1932

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Die eindringlichste Persil-Werbefigur schuf der Berliner Maler Kurt Heiligenstaedt mit der 1922 entworfenen und danach in zahlreichen Metamorphosen immer wieder auftauchende "weiße Dame", hier in einem 1932 herausgegebenen Plakat von Willy Engelhardt.Vor allem an ihrem bevorzugten Werbeplatz, den beleuchteten Flächen der städtischen Normaluhren, muss sie nachts wie eine überirdische Erscheinung auf die Passanten gewirkt haben.Um ganz andere Dinge des Alltags ging es der Firma BIC - die mit ihrer Erfindung einen ganzen Markt revolutionierte.Foto: GNM, Persil, Willy Engelhardt oder Eugen Prinz-Schulte, 1932

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Der neu entwickelte Kugelschreiber war nach dem Zweiten Weltkrieg sehr teuer. Das änderte sich, als der Franzose Marcel Bich im Dezember 1950 unter dem Namen BIC Cristal einen billigen Einweg-Kugelschreiber auf den Markt brachte, der in Frankreich zum Synonym für Kugelschreiber überhaupt wurde.Der Produktname BIC ist eine Kurzfassung des Namens des Firmengründers. Das transparente Plastik-Gehäuse, das an einen Bleistift erinnert und den Mechanismus sowie den Tintenverbrauch erkennen lässt, wurde ein Klassiker, der nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken ist.Passend zum Produktklassiker gelang dem Schweizer Ruedi Külling auch einen Klassiker der Plakatgeschichte.Ebenfalls zum Klassiker ist die Werbefigur der "Berner Alpen Milchgesellschaft" - vor allem bei Kindern ist diese Werbefigur beliebt.Foto: GNM, BIC, Ruedi Külling, um 1961

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Die Inszenierung industriell verarbeiteter Milch als ein vermeintlich naturbelassenes Produkt gehört zu den immer wiederkehrenden Topoi der Werbung. Ein prominentes Beispiel ist die "Bärenmarke". 1882 gründete eine Gruppe Schweizer die "Berner Alpen Milchgesellschaft".Als Warenzeichen wählten sie das Wappentier des Kantons Bern, den Bären. 1905 expandierte die Firma ins Ostallgäu und produzierte seit 1912 unter dem Namen "Bärenmarke Alpen-Milch" ungezuckerte Kondensmilch. 1951 führte sie einen tapsigen Teddybär als neue Werbefigur ein.Ein Plakat der frühen 1950er Jahre integriert ihn in eine schematisch angedeutete Bergwelt, mit einem bunten Wiesenstrauß in der einen, die Büchsenmilch in der anderen Pfote.Foto: GNM, Bärenmarke, Hubert Wilm, um 1955

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