Neues Kabinett in Bayern:"Wenn ich die Kraft dazu habe"

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Horst Seehofer sollte die CSU nach ihrer Wahlniederlage wieder frisch und kampfeslustig aussehen lassen. Nach der Verteilung der Ministerposten ist nun klar: Er hat es nicht geschafft.

Annette Ramelsberger

Horst Seehofer wusste genau, welche Aufgabe er bei der Regierungsbildung in Bayern schultern sollte. Er sollte die CSU nach ihrer Wahlniederlage wieder frisch und kampfeslustig aussehen lassen.

Sein Kabinett steht, doch Stärke hat Horst Seehofer mit der Auswahl seiner Minister nicht bewiesen. (Foto: Foto: ddp)

Und er wusste auch, dass er dazu einen gordischen Knoten lösen muss, mit dem sich die CSU all die Jahre selbst gefesselt hat - weil es der Partei wichtiger war, woher jemand kam, als was er konnte. Seehofer hatte angedeutet, dass er eigentlich bis ins Bundeskabinett durchgreifen müsste, um dieses Ziel zu erreichen. Seufzend fügte er hinzu: "Wenn ich die Kraft dazu habe." Nach der Verteilung der Ministerposten ist nun klar: Er hatte die Kraft nicht.

Statt einer großen Lösung im Bund, die auch den Rückzug des glücklosen Wirtschaftsministers Michael Glos bedeutet hätte, ersetzte er nur seinen eigenen Posten - mit Ilse Aigner, einer patenten, freundlichen Abgeordneten, die auch dem Chef der CSU-Landesgruppe Peter Ramsauer nicht wehtut - anders, als wenn Karl-Theodor zu Guttenberg ins Kabinett aufgerückt wäre. Der ausgewiesene Außenpolitiker muss nun den Generalsekretär und Wahlkampf in der Provinz machen. Ob das bei den Leuten ankommt, ist durchaus fraglich.

Seehofer hatte angekündigt, dass zwar sein Arbeitsplatz in München sei, seine Kampfkraft aber bis nach Berlin reichen werde. Seine zwei Vorposten kann er damit schon mal nicht meinen. Vor dem freundlichen Glos und der netten Frau Aigner muss Angela Merkel wahrlich keine Angst haben.

Niederbayerische Kompetenz

Und auch auf das Kabinettstück, das Seehofer im Freistaat vollbrachte, wird die Kanzlerin vermutlich mit mitleidigem Lächeln blicken. Was als Neuanfang angekündigt war, führt in der CSU zur Demotivation aller, die meinen, in der CSU zähle nun endlich das Können und nicht der Proporz.

Am Abend vor der Vereidigung der Minister hieß es noch, Seehofer setze auf Kompetenz statt auf Regionalproporz. Als Beweis dafür galt die Berufung des Finanzfachmanns Georg Fahrenschon zum Finanzminister sowie des Tierarztes Marcel Huber zum Landwirtschaftsminister. Am Morgen danach hatte sich Seehofer von den Regionalisten der CSU weichklopfen lassen.

Fahrenschon durfte bleiben, aber Huber war Minister nur für eine Nacht. Er musste dem unbekannten Helmut Brunner weichen, der als Vorzug fürs Ministeramt nur eins vorweisen kann - er ist Niederbayer. Dieser Bezirk war durch den Rückzug von Parteichef Erwin Huber nicht mehr gut genug im Kabinett vertreten.

Zudem hat Seehofer offen und unwidersprochen eine auffällige Alters-Diskriminierung gepflegt: Wer älter als 60 war, flog aus dem Kabinett, egal, ob die Minister fachlich kompetent waren oder nicht. Eigentlich ein Fall für das neue Antidiskriminierungsgesetz.

Für die Alten kamen die gerade als Generalsekretärin gescheiterte Christine Haderthauer, die sich nun plötzlich als Sozialministerin bewähren soll, und der als Dampfplauderer bekannte Ludwig Spaenle, den Seehofer wie ein Kaninchen aus dem Hut zauberte; er soll sich um die Schulen kümmern. Seehofer hat sich gründlich im gordischen Knoten der CSU verfangen.

© SZ vom 31.10.2008/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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