Es ist Mittwoch, und selbst für Wahlkampfzeiten hat die wöchentliche Dosis an gerade noch verträglicher Parteienkritik jetzt ein Limit erreicht: Am Dienstag hat Hans Herbert von Arnim seine überarbeitete, also noch mal angespitzte Fassung der "Selbstbediener" vorgelegt, eine Anklageschrift über angeblich maßlose Landtagsabgeordnete. Die Ursprungsfassung hatte die Verwandtenaffäre mit Rücktritten und Rückzahlungen ausgelöst.
Am Mittwoch nun hat ein wesentlich leiserer Vertreter sein Werk vorgelegt. "Bayern weg, alles weg" - ein Buch über die Verlustängste der CSU. Oder wie es Autor Ulrich Berls im Untertitel formuliert: "Warum die CSU zum Regieren verdammt ist."
Damit wäre also gut 100 Tage vor der Wahl auch schon mal für genügend Lesestoff im Wahlkampf gesorgt. Auf 208 Seiten breitet Berls, 59 Jahre alt und Studioleiter des ZDF in München, seine Erfahrungen mit der CSU und mit Horst Seehofer aus. Das ist nicht ganz ohne, denn die Partei und der Sender liegen im Clinch, seitdem der mittlerweile geschasste CSU-Sprecher Hans Michael Strepp im Oktober vergangenen Jahres versucht hatte, mit einem Drohanruf Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen.
Vor ein paar Wochen erst hatte Seehofer dem ZDF abgesprochen, für Qualität im Journalismus zu stehen. "Heute-Journal"-Moderator Claus Kleber hatte Gerüchte verbreitet anstatt zu recherchieren und sich dafür auch vor dem Fernsehpublikum entschuldigt. Berls sagt, sein Buch habe mit dem ZDF "gar nichts zu tun". Das spielt aber auch keine große Rolle, wirklich weh tut der Journalist mit seinem Buch sowieso niemanden.
Nach einem kurzen Blick in die jüngere CSU-Geschichte liefert Berls eine kundige Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse der letzten Jahre: Aufstieg und Fall von Karl-Theodor zu Guttenberg, Kehrtwende in der Atompolitik, Weihnachtsfeier-Lästereien, Erweckungserlebnisse in der bayerischen Opposition.
Seehofer wird damit leben können, in dem Buch als ungeduldiger "Sponti" bezeichnet zu werden. Und Berls Bewertung, dass die CSU überhaupt keine Opposition kann, gar "oppositionsunfähig" sei, hätte auch einer CSU-Vorstandssitzung entstammen können.
Ulrich Berls: Bayern weg, alles weg. Warum die CSU zum Regieren verdammt ist. Knaur, Juli 2013. 208 Seiten, 7 Euro.