Nach Gehälteraffäre im Landtag:CSU-Abgeordnete verpassen sich neue Regeln

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Wochenlang hat die Gehälteraffäre die CSU geplagt und dem Ruf des Bayerischen Landtags geschadet. Nun hat CSU-Fraktionschefin Stewens für ihre Abgeordneten eine neue Gehaltsstruktur durchgesetzt - aber sie ist immer noch großzügiger als bei den anderen Parteien.

Von Frank Müller

Die Situation rund um die Abgeordnetenfinanzierung ist aufgeladen, da kann man sich schon einmal um ein paar Kommastellen vertun. Ein CSU-Fraktionschef werde künftig eine Zulage von 1,5 Prozent eines normalen Grundgehalts eines Abgeordneten erhalten, so begann Christa Stewens ihre Erläuterung der neuen Finanzstruktur der Landtags-CSU. 1,5 Prozent, das wären gute 100 Euro. Hätten sich die Landtagsabgeordneten bei ihrer eigenen Bezahlung und bei der ihrer Angehörigen bislang an solchen Größenordnungen orientiert, dann hätte es in den vergangenen Monaten eine Vielzahl negativer Schlagzeilen nicht gegeben.

Also muss die Fraktionschefin alles noch mal von vorne ins Mikrofon sagen: Das 1,5-fache einer Grunddiät (und nicht 1,5 Prozent) wird der CSU-Fraktionschef künftig als Zulage erhalten. Daraus ergibt sich ein Monatseinkommen von 21.392 Euro, die Aufwandspauschale von 3282 Euro und die am 1. Juli fällige Erhöhung gemäß der allgemeinen Preisentwicklung bereits eingerechnet.

Die Summe klingt hoch und ist dennoch eine Kürzung. Das ist auch der Sinn der Übung, der sich die Fraktion bei einer zweitägigen Klausur in Herrsching am Ammersee unterzog. Auf breiter Front sorgte Übergangs-Chefin Stewens, die nur noch drei Monate bis zum Ende der Legislaturperiode amtiert, für dauerhafte Einschnitte, manche Pöstchen entfallen auch ganz.

Das gesamte umstrittene Zulagensystem orientiert sich künftig an der Grunddiät eines Abgeordneten. Diese wird ab 1. Juli 7244 Euro betragen, zusätzlich erhalten die Abgeordneten die Kostenpauschale von 3282 Euro für ihre Büroausstattung, insgesamt also 10.526. Aus den vielen Zahlen, die Stewens in Herrsching vortrug, ergibt sich, dass der parlamentarische Geschäftsführer (derzeit Alexander König, zugleich Fraktionsvize) eine halbe Zusatzdiät extra bekommt (3622 Euro), die weiteren drei Stellvertreter je ein Drittel (2391). Ein Viertel (1811) kommt bei den wichtigen Chefs der Arbeitskreise an, die oft zugleich einem Landtagsausschuss vorsitzen. Ein Zwanzigstel (362) erhalten die künftig nur noch vier Beisitzer. Stellvertretende Arbeitskreischefs bekommen nichts mehr.

Einsparungen in der Spitze

Die größten Einsparungen hat die engere Fraktionsspitze demnach bei sich selbst vorgenommen. Christa Stewens hatte ihre Bezüge schon vorab um gut 4000 Euro monatlich und damit noch unter das nunmehr beschlossene Niveau reduziert, sie setzt sich damit von ihrem geschassten Vorgänger Georg Schmid ab, der seine Bezüge auf mehr als 24 000 Euro aufstocken ließ. Die zweitgrößten Verlierer sind die vier Vize-Fraktionschefs (neben König bislang Renate Dodell, Karl Freller, Reserl Sem). Sie bekamen bislang 5220 Euro als Zulage.

In der Fraktion, die an diesem Mittwoch den Vorstandsbeschluss noch absegnen muss, wurde durchaus von Vorbehalten berichtet. Schließlich sei eine Debatte um die eigenen Bezüge immer auch emotional aufgeladen, hieß es. Auch im Vorstand sorgte das Thema für "eine sehr intensive Diskussion" (Stewens). Immerhin knapp vier Stunden dauerte diese bis kurz vor Mitternacht, dann stand das Modell.

Stewens ließ über jeden Punkt der Gehaltsskala einzeln abstimmen und rammte damit Pflöcke auf Dauer ein. Denn dass sich die neue Fraktion nach der Wahl im September, der Stewens dann nicht mehr angehören wird, noch einmal einen Aufschlag genehmigt, das kann nach der Finanzdebatte der letzten Monate als ausgeschlossen gelten.

Künftig soll Transparenz herrschen

Doch Stewens setzte noch mehr durch. Künftig wird das komplette Zulagensystem Teil der Geschäftsordnung der Fraktion und damit automatisch veröffentlicht. Das war bisher nicht so. Die bisherigen höheren Zulagen hatte der geschäftsführende Vorstand im kleinen Kreis festgezurrt, ohne sie an die große Glocke zu hängen. Es sei "wichtig, dass alle Abgeordneten das sehen", sagte Stewens.

Das war bisher offenbar nicht so. Und die frühere Praxis führte auch dazu, dass es in der Vorstandssitzung am Ende trotz großer Einhelligkeit doch keinen einstimmigen Beschluss gab. Ernst Weidenbusch aus dem erweiterten Vorstand enthielt sich, er wollte damit offenbar ein Signal setzen, dass er für die früheren Absprachen im kleinen Kreis nicht in Mithaftung genommen werden will.

Große Belastung, dickes Gehalt

Auch mit ihrem neuen System bezahlt die Landtags-CSU ihre Funktionsträger noch immer großzügiger als die vier anderen Fraktionen. "Wir sind die größte Fraktion", sagte Stewens selbstbewusst zur Rechtfertigung. Entsprechend groß seien die Belastungen für die Funktionsträger der Regierungsfraktion. Auch das im Vergleich weiter hohe Gehalt des Fraktionschefs sei eine Frage des Prinzips, machte Stewens klar. Es sei wichtig, "dass man als Fraktionschef auf Augenhöhe mit den Ministern und mit dem Ministerpräsidenten verhandeln kann" - dazu gehöre auch eine ausgeglichene Bezahlung.

Die Grünen im Landtag bezeichneten diese Argumente als "Treppenwitz". Fraktions-Geschäftsführerin Ulrike Gote sagte: "Autorität und Kompetenz kann man sich nicht mit Steuermitteln kaufen." Die Grünen fordern eine Obergrenze von 20 Prozent einer Grunddiät für alle Zulagen. Auch die Freien Wähler wollen ihre eigenen Zulagen kürzen.

© SZ vom 12.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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