Die Wege im Internet sind kurz - und die Hemmschwelle bei Jugendlichen liegt tief. In Neuburg an der Donau (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen) ist einer leichtsinnigen Schülerin das Netz zur Falle geworden. Per Handy schickte die verliebte Achtklässlerin ihrem Schwarm ein Nacktfoto von sich und löste eine ungewollte Lawine aus. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Dutzende Jugendliche, die das Bild im Netz verbreiteten.
Der Fall füllt inzwischen einen dicken Aktenordner. Zahlreiche Jugendliche wurden von der Neuburger Polizei verhört, ihre Tatwaffen beschlagnahmt. "Dass ihre Handys weg sind, ist für die Jungs und Mädels die schlimmste Konsequenz", sagt Ludwig Walter, Dienststellenleiter der Neuburger Polizei. Dabei wird es jedoch nicht bleiben. Den Familien der betroffenen Schüler wird in den nächsten Wochen wohl eine Strafanzeige ins Haus flattern.
Der Grund: Die Buben und Mädchen haben das Foto der Schülerin weiterverschickt und garniert mit Sprüchen und Beleidigungen auf Facebook gepostet. Die 14-Jährige ist seitdem das Gespött der Schule.
Das folgenschwere Bild entstand Ende April dieses Jahres. Das Mädchen knipste ein Foto von sich - oben ohne. Dieses schickte sie per WhatsApp, einem Kurznachrichtendienst für das Handy ähnlich einer SMS, ihrem Angebeteten. Seine Zuneigung konnte sie damit offensichtlich nicht gewinnen. Der Junge machte sich zum Leidwesen seiner Verehrerin einen Spaß und leitete das Bild an einige seiner Kumpels weiter. Innerhalb weniger Tage machte das Foto schließlich seine Runde.
Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs
Über das Internet verbreitete sich das Nacktbild lawinenartig unter den Schülern der Neuburger Mittelschule. Wie viele das Nacktbild tatsächlich erreicht hat, ist bislang kaum festzustellen. Die Polizei tut sich schwer, den genauen Weg des Bildes nachzuvollziehen - zumal es vielfach auf Facebook gepostet wurde, inklusive Namen und Anschrift des Mädchens. Pädophile hätten in solchen Fällen leichtes Spiel, warnen Polizei und Staatsanwaltschaft.
"Viele sind sich gar nicht bewusst, etwas strafrechtlich Falsches getan zu haben", sagt Oberstaatsanwalt Helmut Walter. Dabei sei das Weiterleiten und Verbreiten eindeutig eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen. Weil die Schülerin zudem in mehreren Fällen heftigst beleidigt wurde, stattete die Polizei der Schule einen Besuch ab und warnte vor strafrechtlichen Konsequenzen.
"Es sind erschreckend viele Mädchen dabei", erzählt eine Mutter, deren Sohn die Nachricht ebenfalls erhalten und weitergeschickt hat. Die Dimensionen eines dummen Jungenstreichs sprengt der Vorfall allemal. Das tatsächliche Ausmaß und wer alles daran beteiligt war, wird sich in einigen Wochen herausstellen. Den über 14-Jährigen und damit Strafmündigen unter den Schülern droht eine wesentlich empfindlichere Strafe als die Beschlagnahmung ihrer Handys.