Mitten in Bayern:Ringen um Reinheit

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Klamme Kassen können in manchem Sportverein zu unerfreulichen Folgen führen: zum Beispiel zu einem Problem mit der Hygiene

Kolumne von Matthias Köpf

Die Lokalpolitik kann ein zähes Ringen sein, aber Duschen gehen die Kontrahenten hinterher nötigenfalls erst daheim. Doch die richtigen Ringer, die regelmäßig in Rot oder Blau auf der Matte stehen, waschen sich den Kampfschweiß gewöhnlich lieber gleich ab, und nicht nur das: Am besten duschen sich die Ringer auch schon vor dem Kampf, denn bei so einem Sport kommt man sich doch recht nahe, und eine gewisse Fairness gehört halt auch dazu. Außerdem haben die Roten nicht nur die Blauen als Gegner und andersrum, sondern beide auch den per Hautkontakt übertragbaren Ringerpilz, den sie gern großspurig tinea corporis gladiatorum nennen. In der Ringerhalle in Bad Reichenhall aber, die für diesen Sport mal eine erstklassige Adresse war, wird inzwischen schon länger nicht mehr geduscht, von der Sauna mal ganz zu schweigen. Im Rathaus treibt das keinem den Schweiß auf die Stirn.

In ihren besten Zeiten, in denen ihnen die Stadt damals auch eine eigene Halle hingestellt hat, schwitzten sich die Reichenhaller Ringer in der Sauna nötigenfalls in eine niedrigere Gewichtsklasse. Diese besten Zeiten sind aber schon etliche Jahrzehnte vorbei, und so wurde sogar die althergebrachte Quadratmetermiete von einer D-Mark plus Nebenkosten zum Problem, vor allem wegen der Nebenkosten. Aber die Ringer haben ihre Halle deswegen ja aufgegeben, was dann die Reichenhaller Judokämpfer traf. Die nämlich hatten sich beim örtlichen TSV nicht mehr so gut aufgehoben gefühlt und sich lieber dem Ringerklub AC angeschlossen. Nachdem aber die Ringer ihren Kampf gegen die Nebenkosten samt der Halle aufgegeben hatten, rauften sich die Judoka wieder mit dem TSV zusammen. Der braucht seither wieder mehr Sportstätten und mietet von der Stadt die Ringerhalle. Allerdings bekommen auch die Judoka die Nebenkosten nicht in den Griff, obwohl sie in einem Zuschussantrag an die Stadt gerade beteuert haben, dass die Duschen unbenutzt bleiben. Die Stadt hat den Zuschuss dann so zusammengestutzt, dass eine Quadratmetermiete von 0,51 Cent herauskommt, zuzüglich Nebenkosten nach Verbrauch. Alle aufs Kreuz gelegt haben dabei eigentlich die Ringer. Sie sind in ihrer Halle inzwischen Untermieter des TSV und fein raus. Nur duschen müssen auch sie daheim.

© SZ vom 09.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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