Mitten in Regensburg:Nur schauen, nix kaufen

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Das ist das Einzelhändler-Schicksal in Zeiten des Internets: Die Leute lassen sich beraten - und shoppen dann im Internet. Kann man denn da gar nichts gegen tun? Die Regensburger Ladenbesitzer haben da so ihre Ideen

Von Lisa Schnell

Alles wird teurer, ja, ja. Aber man muss doch auch das Positive sehen: All die Dinge, die nichts kosten. Atmen etwa gibt's zum Nulltarif. Oder die Alpen, keine Eintrittskarte und noch kostenloses Fitnesstraining auf dem Naturstepper, altmodisch: Wanderweg. Und den feuchten Handschlag kriegt man auch noch umsonst, außer vielleicht bei der Fifa. Die vom Fußball sind da eh etwas heikel, da kostet ja selbst das Schauen was. Bis jetzt eigentlich ja eine gebührenfreie Tätigkeit. Gut, wer eine besonders fokussierte Beschauung von besonderen Körperteilen unternimmt, der veräußert vielleicht seinen Anstand, aber doch kein Geld.

In Regensburg haben sie die ewigen Gaffer jetzt aber satt. Nein, nicht die Frauen, sondern die Einzelhändler. Etwa Schuster Gregor Himmler. In Wellen fluten die Bootstouristen seinen Laden, sagen "ah" und "oh" und "hier" und "da". Wie man Leder gerbt, wollen sie wissen, wie man einen Schuh macht, hoch interessant, ja, ja, gutes Zwischenprogramm, bevor die Fähre wieder geht. Noch ein Foto gemacht und weg. Himmler hat dann einen fusseligen Mund, verkauft hat er nichts. Vielleicht pro Foto ein Euro? Er hat es sich überlegt. Oder einfach gleich Eintritt verlangen. Das fände Uschi Weichmann angebracht. In ihrem Kunsthof verkauft sie Dinge, die die Welt nicht braucht, sie aber schöner machen: Klimbim, der von der Decke baumelt, Figuren, die auf einer Tischkante sitzen können. Schauen, schauen, schauen, das wollen ihre Besucher. Kaufen? Kann man doch auch im Internet. "Sollen sie doch auch da bummeln gehen", sagt Weichmann. Sie hat keine Lust mehr, Kulisse zu sein. Das macht keinen Spaß.

Fahrradhändler Andreas Schäfer haben die ewigen Schauer und Nicht-Käufer sogar krank gemacht, sagt er. Nach seinem Burn-out hat er das Verkaufen fast ganz aufgegeben, er berät jetzt nur noch und zwar gegen Geld. Die Kunden machen da mit. So viel ist ihnen ihr gutes Gewissen offenbar wert. Viel beraten kann man bei Weichmanns Kantenhockern nicht, sie macht gleich ganz zu. Sollen sie doch woanders kostenlos schauen. Sie macht jetzt ein Museumscafé auf. Da muss, wer schaut, immerhin auch einen Kaffee trinken.

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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