Mitten in Landshut:Wegen Premiere beschlussunfähig

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Da heißt es immer, das Engagement in der Kommunalpolitik braucht soviel Zeit, dass keine mehr bleibt - für die Kultur zum Beispiel. Der Landshuter Stadtrat hat gerade das Gegenteil bewiesen

Kolumne von Johann Osel

Derzeit und demnächst werden allerorten ja Listen für die Kommunalwahl im kommenden Jahr aufgestellt. Und nicht selten hört man dabei, dass sich manch potenzielle Aspiranten arg bitten lassen, zur Wahl für den Stadt- oder Gemeinderat überhaupt bereitzustehen. Was da an Zeit verloren gehe bei all der Hinternplattsitzerei, der schier nicht enden wollenden Schwandroniererei und der Gschaftlhuberei - so lautet ein Standardargument, das oft gegen das lokalpolitische Engagement ins Feld geführt wird. Zeit, die man schließlich viel besser nutzen könnte: für die Familie, für Müßiggang nach dem harten Arbeitstag, für Hobbys; ja, sogar für Kulturgenuss wie den Besuch einer Theaterpremiere.

Eine solche spielt gerade im Stadtgespräch in Landshut eine Rolle, Oberbürgermeister Alexander Putz ist Medienberichten zufolge sauer. Denn neulich musste er eine nicht-öffentliche Sitzung des Stadtrates abbrechen. Grund: Es waren zu wenig Mitglieder anwesend und das Gremium somit nicht beschlussfähig. Demnach lichteten sich peu à peu die Reihen und am Ende hatten derartig viele Räte das Rathaus verlassen, dass nur noch die Hälfte auf den Stühlen saß. Dabei weiß jeder, dass in der Lokalpolitik idealerweise nicht nur Hirnschmalz, sondern auch Sitzfleisch eine sinnvolle Eigenschaft ist. Welche anderweitigen Terminverpflichtungen für den Massenexodus der Mandatare genau ursächlich waren, muss noch ermittelt werden - von Alexander Putz genannt wurde aber: Einige hatten Karten eben für eine Theaterpremiere. Der Titel des Stücks, lustigerweise: "Der nackte Wahnsinn".

Auf Facebook blüht derweil der Bürgerzorn: "Unmöglich", "unfassbar, aber wundern tuts einen nicht", "peinlich, peinlich, peinlich". Einer schreibt, er würde "zur Strafe den ganzen Stadtrat nachsitzen lassen". Das freilich ist unvermeidbar, da in der abgebrochenen Sitzung drei Firmen Konzepte für den neuen Internetauftritt der Stadt präsentieren sollten. Dass dieser nicht mehr zeitgemäß ist, gilt in Landshut als offenes Geheimnis. Man wird sich der Causa also erneut widmen, die Firmen müssen dazu noch einmal ins Plenum kommen. Wann das ist und was dann an dem Tag im Landestheater Niederbayern gespielt wird, war zunächst nicht zu erfahren.

© SZ vom 27.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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