Mitten in Erlangen:Es bröselt Peinlichkeiten

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Der bauliche Zustand der philosophischen Fakultät an der Universität Erlangen ist erbärmlich, der Sanierungsbedarf gewaltig. Doch geredet wird von einer superangesagten Uni in Nürnberg

Kolumne von Olaf Przybilla

Ehrlich gesagt war der Philosophiebau der Uni Erlangen schon vor einem Vierteljahrhundert ein Ort, um sich Gedanken über die Sinnlosigkeit des Lebens zu machen. Ein beklemmender Bau mit unsäglichen Ecken, Pseudobrutalismus mit vielen Alibifenstern, wohl um die Tristesse wenigstens beim Hinausschauen nicht zu groß werden zu lassen. In der philosophischen Fakultät soll ja, falls man das richtig verstanden hat, der Geist fliegen. Aber egal, hat man sich wohl gedacht, sperren wir den Geist doch trotzdem in eine ins Monströse aufgeblasene Miefbude, einen möglichst fantasielosen Bau. Könnte ja ins protestantische Gepräge dieser Stadt passen: Flieg nicht zu hoch, mein kleiner Freund!

Ja, man konnte aus diesem Komplex im Grunde nur flüchten. Schon vor sechs Jahren ist der Computer eines Uniangestellten unter Deckenputz verschüttgegangen, sein Arbeitsplatz sah aus wie nach einem Murenabgang in der Westschweiz. Warum ein reiches Land, das sich als Kulturstaat definiert, dabei zuschaut, wie seine Vorzeigebildungseinrichtungen zu Flatterbandhöllen degenerieren, dürfte logisch kaum zu erklären sein. Ist halt so. Aber gut: Es gibt ja auch andere Unis. Sollen's doch gehen, wenn's ihnen nicht passt! Gute Idee übrigens.

Inzwischen sind die Peinlichkeiten von Erlangen sogar Thema im Landtag. Das deshalb, weil sie in Erlangen den Eindruck haben, dass nun ganz viel Geld für eine neue, superangesagte Uni in Nürnberg da ist. Aber darüber vergessen wird, dass da irgendwas mit milliardenschwerem Sanierungsbedarf in Erlangen war.

Dabei wäre alles so einfach gewesen: Quelle ist vor zehn Jahren pleite gegangen. Hätte der Freistaat den Mut gehabt, im Nürnberger Quelle-Bau alle bröckelnden philosophischen Fächer Erlangens anzusiedeln - man hätte längst einen angesagten Ort, um Geisteswissenschaften zu studieren. Nürnberg hätte erstmals in seiner Historie viele Studenten. Man hätte in Nürnberg keine neue, milliardenschwere Uni planen müssen. Und hätte enorme Mittel frei gehabt, um Erlangens technische Fakultät, den Stolz der Stadt, top auszubauen. Wollte man aber nicht.

Ergebnis: Quelle gammelt weiter, Erlangens Philosophen fällt wohl noch Jahre lang der Putz aufs Hirn, die Investitionen in Nürnbergs Uni sind immens. Tja.

© SZ vom 28.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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