Mitten in Coburg:Die Profis unter den Amateuren

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In der oberfränkischen Stadt tobt seit fast eineinhalb Jahrzehnten der Kampf um die Erreichbarkeit mit Kleinflugzeugen. Ohne Neubau geht es nicht, sagen die einen. Eine Erweiterung müsste doch reichen, meinen die anderen. Nun hat das Luftamt Nordbayern eine Entscheidung getroffen

Kolumne von Olaf Przybilla

Wenn es nach FDP-Mann Christian Lindner geht, dann ist ausschließlich der Profi in der Lage, komplexe Sachverhalte angemessen einzuschätzen. Und weil dieses Lindner-Axiom selbstredend immer zutrifft, kann sich die Sozialpädagogin Dagmar Escher künftig "Professionelle Sachverständige für Ertüchtigungsbestimmungen hinsichtlich bestehender Flugplätze" auf ihre Visitenkarte drucken lassen. Wer indes Frau Escher ein bisschen kennenlernen durfte in den vergangenen 14 Jahren, der ahnt, dass sie das nicht tun wird. Und das schon deshalb, weil sie noch nie den Drang verspürte, ein Profi für Landeplätze, Instrumentenflug oder anderen technischen Kram zu sein. Escher kümmert sich hauptberuflich um hilfsbedürftige Menschen, das ist es, was sie im Leben umtreibt. Okay, und seit 2005 hat sie sich in ihrer Freizeit nebenher - und höchst unfreiwillig - noch um besagten technischen Kram kümmern müssen. Und hat nun eindrucksvoll recht bekommen.

Es ist so: Seit 14 Jahren tobt in und um Coburg ein Kampf darum, wie die Stadt künftig per Kleinflugzeug erreichbar ist. Die sogenannten Profis im Lindner'schen Sinne - richtige Wisser, Checker, Durchblicker - hatten dazu eine sehr dezidierte Ansicht: Ohne den Bau eines neuen Flugplatzes wird die Region flugtechnisch abgehängt - mit unsagbaren Folgen für die richtig großen und also richtig wichtigen Unternehmen von Coburg. Auf der anderen Seite stand Frau Escher und ein paar andere sogenannte Amateure im Lindner'schen Sinne. Die lasen sich abends nach der Schicht in die Richtlinien für Instrumentenflug und ähnlich mitreißende Lektüre ein - und kamen zum Ergebnis: Pardon, aber man könnte den bestehenden Flugplatz auf Höhe der Coburger Veste auch einfach ein bisschen ausbauen. Großes Gelächter bei den sog. Profis: Hört sie euch an, diese Dilettanten!

Ja, und nun hat also das Luftamt Nordbayern eine Entscheidung getroffen. Sie lautet: Der Coburger Flugplatz kann schlicht und ergreifend "ertüchtigt" werden, wie der Profi sagt. Recht hatten also: die sog. Amateure. Die freilich, sagt Frau Escher, holen die Sektgläser vorerst noch nicht heraus. Warum? Weil den sog. Profis erfahrungsgemäß immer noch irgendwas einfällt, um eine peinliche Niederlage abzuwenden. Dafür sind sie ja: Profis.

© SZ vom 16.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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