Mitten in Bayreuth:Der Ruhepol der Festspielstadt

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Wenn ein Szenario wie im Krimi Wirklichkeit würde, dann träte am Grünen Hügel nur einer vor das Publikum. Also tut er das jetzt auch im Tatort

Kolumne von Olaf Przybilla

Ein Job im Norden Bayerns, von dem man dringend abraten würde? Da fiele einem als erstes der des Sprechers der Bayreuther Festspiele ein. Sprecher werden von ihren Chefs daran gemessen, was - um es mit Helmut Kohl zu sagen - hinten rauskommt. In dem Fall: Was in der Zeitung steht. Und da kommt vom Grünen Hügel oft schwer Verdauliches zum Vorschein. Eine leichte Sommerreportage aus Bayreuth, kurz vor der alljährlichen Wagnerei, in der vorbehaltlos das sympathische Klima am Hügel gefeiert wird? Das zu finden, dürfte den versiertesten Stadtarchivar überfordern.

Warum das so ist? Das wäre Stoff für eine Dissertation. Es liegt wohl am höchst privaten, aber gerne im Feuilleton ausgetragenen Zoff einer Kulturerbenfamilie. Am notorischen Kompetenzwirrwarr ehrpusseliger Instanzen. Am historisch braunen Wurzelwerk dieser Weltfestspiele. An den Neurosen des wechselnden Künstlerpersonals. An den erwartbaren Bildern eines sich kulturbeflissen gebenden Politpublikums. Und an der nicht überbrückbaren Kluft zwischen dem Lebensgefühl einer Stadt, die (gerne im besten Sinne) Provinz war, ist und sein wird - sich einmal im Jahr aber zur Weltbühne der Wagnergesellschaft aufblasen lassen muss.

Da wird's nichts mit der leichten Sommerreportage. Man könnte insofern erwarten, dass der Job des Festspielsprechers hoher Fluktuation unterliegt. Dem ist aber nicht so. Sprecher der Festspiele war, ist und bleibt Peter Emmerich. Ein Mann, in sich ruhend, der dem alljährlich drohenden Bayreuth-Bashing mit einer fast an Todesverachtung grenzenden Gleichmut entgegensieht. Es wird wohl wieder wehtun. Aber was soll's denn?

Es ist schön, wenn das Gute auch mal solche Menschen trifft. Im nächsten Tatort aus Franken, am 24. Februar zu sehen, wird Emmerich einen Auftritt haben. Ohne Maske, ohne eingeübten Text. Zu sehen ist das Festspielhaus, eine "Walküre" auf der Bühne. Weil Gefahr droht, muss unterbrochen werden. Eigentlich wollten die Tatort-Leute, dass ein Polizist auf die Bühne tritt und die Leute raus schickt. Wenn wirklich mal was ist, dann macht so was aber Emmerich. Der Mann hat einfach die Ruhe. Was die Filmleute auch so sahen. Sehen Sie also in einer gewiss unwiderstehlichen Spontan-Rolle als Peter Emmerich: Peter Emmerich.

© SZ vom 24.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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