Mitten in Bayern:Fossiles fürs Freilichtmuseum

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Wie es früher so war, ist auf der Glentleiten gut zu sehen. Ein neues Exponat, das bald dort aufgebaut wird, zeigt, wie schnell die Gegenwart zur Vergangenheit wird

Kolumne von Matthias Köpf

Auch auf künftigen Klimakonferenzen mögen sie darüber immer erhitztere Debatten führen, doch dass das Benzinzeitalter zu Ende geht, wird sich schon bald bei einem Spaziergang durch die Vergangenheit zeigen. Denn das oberbayerische Freilichtmuseum an der Glentleiten, das dem Erhalt des ansonsten Unwiederbringlichen verpflichtet ist, hat sich seine erste Tankstelle gesichert. Trotz Dieselkrise werden das jetzt manche super finden und manche vielleicht V-Power oder sogar Ultimate 102, denn normal gibt es gar nicht mehr. Und außerordentlich ist es ja auch: Tankstellen stehen in Bayern zwar nahezu überall, aber noch nirgends im Freilichtmuseum. Anderswo in Deutschland gibt es auch erst zwei, nämlich am Kiekeberg bei Hamburg und in Detmold.

Die nun museumsreife Tankstelle für die Glentleiten steht schon seit den Fünfzigerjahren und noch bis zum Frühjahr in Brem im Landkreis Traunstein - direkt an der B 305. Weil die Gemeinde Unterwössen die Ortsdurchfahrt umgestalten lässt, soll die alte Tankstelle weg, und die Leute von der Glentleiten bauen sie zur Freude von Bürgermeister Ludwig Entfellner sogar noch selber ab. Wirklich getankt hat unter dem aufschwungsfreudigen Flugdach des Tankstellen-Standardmodells vom Typ T 6 sowieso schon seit Mitte der Achtziger niemand mehr.

Im Museum soll die Tankstelle für die wachsende Mobilität und für den Aufbruch in die Moderne stehen. Klingt ganz danach, als ob es mit dieser Art moderner Mobilität bald vorbei ist, so wie die wasserbetriebenen Mühlen oder die Holzkohlemeiler der Vergangenheit angehören, wie sie sich im Freilichtmuseum ebenfalls finden. Andererseits gibt es in Bayern ja auch noch ein paar wild lebende Bauernhöfe, obwohl grob geschätzt die andere Hälfte davon längst an der Glentleiten steht. Vielleicht sollten sie sich dort gleich schon mal eine E-Ladesäule besorgen, die könnte sich ja erst einmal eine Weile am Parkplatz nützlich machen.

Und eine Art zeitgemäßer Energieerzeugung haben sie im Freilichtmuseum sowieso fast exklusiv: An der Glentleiten steht ein Windrad aus Garching an der Alz aus dem Jahr 1926. Wenn es mit der Abstandshuberei für Windräder noch lange so weitergeht, dann werden sie dort auch in 60 Jahren kein neueres brauchen.

© SZ vom 12.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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