Mitten in Bayern:Die Mauer vor Sonthofen

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In Hüttenberg gibt es einen kleinen Parkpaltz mit herrlicher Aussicht - bis vor Kurzem zumindest. Jetzt bleibt der Blick an Totholz hängen

Kolumne von Florian Fuchs

Es ist schon eine Weile her, da hat das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen eine interessante Rechnung aufgestellt. Es ging um den Lärmschutz, den ein Parkplatz eines Einzelhandelsunternehmen aufweisen muss, damit die Nachbarn nicht zu sehr belastet werden. Ausschlaggebend, rechnete das Gericht vor, sei das Produkt aus der Multiplikation von 1,32 Fahrbewegungen pro Betriebsstunde mal ein Zehntel der Nettoverkaufsfläche des Einzelhandelsvorhabens.

Und damit nach Hüttenberg bei Sonthofen. Dort, im Allgäu, gibt es einen kleinen Parkplatz mit bester Aussicht auf die Alpen. Die Aussicht kommt so gut an, dass dieser Parkplatz immer gut belegt ist, auch wenn keine Gaststätte und kein Wanderweg in der Nähe sind. Die Leute kommen einfach wegen dieses fantastischen Blicks, stellen ihren Wagen ab - und bleiben oft bis tief in die Nacht. Musik, Gebrüll, Lachen, Krach und Dreck sind das Ergebnis, so zumindest wird ein Anwohner in örtlichen Medien zitiert. Seit 20 Jahren kämpfe er nun gegen den Parkplatz, aber in der Gemeinde wolle niemand auf ihn hören. Zwar gibt es nachts ein Parkverbot, aber das interessiert niemanden. Und bis die Polizei da ist, sind die Ruhestörer längst wieder verschwunden.

Der Anwohner hat deshalb nun selbst eine Rechnung aufgestellt, die deutlich einfacher nachzuvollziehen ist als die Gleichung des Oberverwaltungsgerichts: 25 mal zwei Meter Totholz ergibt null Sicht - womit sich das Parkproblem erledigt hat. Der Mann hat einfach eine Mauer gebaut, 25 Meter lang, zwei Meter hoch, aus Holzpfählen und dazwischen aufgeschichtetem Totholz. Wer jetzt sein Auto auf dem Parkplatz abstellt, sieht: Holz. Und wenn das Holz dort erst einmal länger steht, dann wird der arme Autofahrer, der seinen Wagen dort parkt, nicht nur totes Holz sehen, sondern auch ganz viele Insekten. Und dann wird es richtig ungemütlich. Das Totholz soll nämlich Käfer und sonstiges Getier anlocken und so nicht nur für Ruhe sorgen, sondern auch noch was für die Tierwelt tun. Bleibt nur die Frage, ob der findige Anwohner seine Rechnung nicht ohne die Gemeinde gemacht hat. Die hat nämlich nichts genehmigt - und könnte die Mauer einfach wieder einreißen lassen.

© SZ vom 02.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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