Mitten in Bayern:Die ganz private SPD

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In welcher Rolle sich ein Politiker befindet, kann schnell wechseln. Und da macht es schon einen Unterschied, was er vorher und was er nachher gesagt hat - so sehen das zumindest die bayerischen Sozialdemokraten

Kolumne von Lisa Schnell

Es ist aber auch wirklich verwirrend. Da ist dieses Haus in Berlin, benannt nach einem Politiker (Willy Brandt). Da ist die Bühne mit dem Banner der SPD, einer politischen Partei. Und dann ist da noch dieser Mann auf der Bühne, der bald einer von zwei SPD-Chefs sein soll. Norbert Walter-Borjans ist sein Name. Man könnte sagen: ein Politiker.

Ziemlich viel Politik also und wenig Privates hatte sich da am Samstag in Berlin versammelt. Aber natürlich nicht nur. Darauf hat diese Woche SPD-Fraktionschef Horst Arnold hingewiesen und nebenbei einen Weg aufgezeigt, wie die SPD vielleicht doch noch zu retten ist. Aber der Reihe nach. Walter-Borjans also letzten Samstag. Nicht zu verwechseln mit diesem Freitag, wo er offiziell zu einem der neuen SPD-Chefs gewählt werden soll. Was schon darauf hindeutet, dass er letzten Samstag noch nicht offiziell SPD-Chef war und deshalb - vielen Dank an Horst Arnold für den Hinweis - als Privatperson gesprochen hat. All das Gerede also, dass die SPD in der großen Koalition nicht genug erreicht habe, dass jetzt alles anders werden müsse - nichts weiter als persönliche Ansichten, auf keinen Fall die neue Linie der SPD.

Ist das mal geklärt, hat vieles wieder Sinn, selbst Arnolds Aussage, dass die Bayern-SPD ganz sicher von den Vorgängen in Berlin profitieren werde. Da die Abneigung Walter-Borjans gegenüber der großen Koalition rein privater Natur ist, stellt sie keinen Widerspruch zu der in der SPD-Führung gerade neu entflammten Liebe zum Regieren dar. Genauso wenig widersprechen sich Horst Arnold und Landeschefin Natascha Kohnen. Arnold findet, sich aus der Groko heraus und hinein "in die Büsche schlagen", das sei "nicht sozialdemokratisch". Regieren und sich gleichzeitig profilieren, das ginge schon. Geht gar nicht, findet dagegen Kohnen. Widerspruch? Schon wieder falsch. Denn auch Kohnen verweist darauf, dass ihre Aussagen rein persönlicher Natur waren. Genau wie ihre im Oktober publik gemachte Unterstützung für das Bewerberduo mit Boris Pistorius, über die sich die Jusos so aufregten. Bei der SPD gibt es derzeit also viel Persönliches und wenig Politisches. Aber: Sollten Politiker nicht Politik machen statt privater Unterhaltung? Nur mal so, am Rande bemerkt, ganz persönlich, als Privatperson.

© SZ vom 06.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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