Mitten in Augsburg:Kehrtwende in voller Fahrt

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Regierer und Verwalter der Stadt geben sich einmal mehr große Mühe, sich zum Gespött der Nation zu machen

Von Stefan Mayr

Die Regierer und Verwalter der Stadt Augsburg arbeiten mal wieder voller Elan und Ehrgeiz daran, sich zum Gespött der Nation zu machen. Das neue Projekt geht so: Wir machen mit im Rennen um den Einzug in die Champions League, wir investieren jahrelang viel Geld, Zeit und Energie, wir kämpfen uns in die Spitzengruppe vor, und kurz vor dem Ziel bleiben wir einfach stehen. Es geht um den Eintrag der Stadt in das Unesco-Welterbe. Seit 2011 läuft Augsburgs Bewerbung mit dem Thema "Wasserbau und Wasserkraft, Trinkwasser und Brunnenkunst". Die Chancen stehen sehr gut, die ersten Hürden und Konkurrenten hat Augsburg bereits hinter sich gelassen. Doch nun kursiert im Rathaus ein internes Papier, in dem die Stadtdirektoren vor den weiteren Kosten warnen und das vorzeitige Aufgeben nahelegen. Die touristischen Chancen und finanziellen Einnahmemöglichkeiten des Eintrags in die Welterbe-Liste werden kaum beleuchtet. Was ist da los? Wer will dieses hoffnungsvolle Projekt warum abwürgen? Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) will sich auf Anfrage nicht äußern. Eine Sprecherin versucht, die Wogen zu glätten. Es handele sich um einen ganz normalen Prüfvorgang. Aha. Das ist so, als hätte Jogi Löw zwei Wochen vor der Europameisterschaft prüfen lassen, ob sich die letzten Trainingswochen und mühsamen Vorrunden-Spiele wirklich lohnen und ob er sich nach einem möglichen EM-Titel den anschließenden Rummel wirklich antun soll. Ganz normal.

Nun ist es tatsächlich so, dass das Augsburger Thema "Wasserwirtschaft" schrecklich abstrakt klingt und viel weniger greifbar ist als das Opernhaus Bayreuth. Dennoch würde die Stadt von dem Unesco-Titel erheblich profitieren, ein Besucher-Plus gilt als garantiert. Es ist und bleibt eine einmalige Chance für die Stadt, und jeder halbwegs historisch interessierte Bürger fragt sich: Wann erkennt OB Gribl diese Chance, greift entschlossen zu und reißt alle Bürger und Beamten mit? Vor ein paar Jahren trommelte Gribl für das sogenannte "Stadtradeln", er schwang sich selbst Tag für Tag aufs Rad und appellierte an jeden Bürger und Journalisten, mitzumachen. Zum Thema Weltkulturerbe kommt vom OB dagegen: fast nichts.

© SZ vom 21.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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