Amok-Alarm in Memmingen:Achtklässler wird Haftrichter vorgeführt

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Aufatmen nach dem Amok-Alarm: Die Polizei hat den Jungen gefunden, der in einer Memminger Schule einen Schuss abgegeben hat. Jetzt soll der 14-Jährige dem Haftrichter vorgeführt werden. Sein Motiv könnte Liebeskummer gewesen sein.

Nach dem Amok-Alarm an einer Memminger Hauptschule ist dort der Unterricht am Mittwoch wieder aufgenommen worden. Wie eine Mitarbeiterin der Schule sagte, stehen den Schülern Seelsorger zur Seite, um das Erlebte zu verarbeiten. Die Lehrer wollten versuchen, im Laufe des Tages wieder zur Normalität überzugehen.

Der 14 Jahre alte Schütze befindet sich seit dem unblutigen Ende des Dramas in einem geschlossenen Bereich einer jugendpsychiatrischen Einrichtung in Bayern. Noch an diesem Mittwoch soll er dem Haftrichter vorgeführt werden, sagte ein Polizeisprecher am Morgen. Am Dienstag hatte der Junge an der Schule mit einer scharfen Waffe geschossen und war dann geflohen. Später feuerte er an einem Sportplatz in Richtung der Beamten. Das Drama nahm nach einem stundenlangen Nervenkrieg ein unblutiges Ende.

Die Polizei war am Abend mit allen verfügbaren Einsatzkräften angerückt - Zivilbeamte, Uniformierte, Sondereinsatzkommando. Überall waren Rettungswagen, Polizei- und Feuerwehrautos zu sehen. Immer wieder schoss der 14-Jährige, der sich in einer Hütte auf dem Sportplatz verbarrikadiert hatte, wild um sich. Beamte verhandelten mit dem Jungen - mit Erfolg: Um 20.10 Uhr ergab er sich den Einsatzkräften und wurde festgenommen. Verletzt wurde niemand.

Schüler verbarrikadieren sich in Klassenzimmern

Gegen 12.30 Uhr hatten Schüler der Lindenschule an der Maserstraße den 14-Jährigen beobachtet, wie er am Eingang des Gebäudes mit zwei Schusswaffen hantierte und dann einen Schuss abgab. Sie verständigten sofort die Schulleitung, die ihrerseits die Polizei alarmierte. Innerhalb weniger Minuten war das Stadtviertel hinter dem Memminger Bahnhof voller Einsatzfahrzeuge und abgeriegelt.

Während sich die 280 Schüler mit ihren Lehrern in den Klassenzimmern verbarrikadierten, begann die Polizei eine fieberhafte Suche nach dem Schützen. Der Achtklässler hielt sich aber nicht mehr in der Schule auf, wie eine mehrmalige Durchsuchung des Gebäudes ergab.

Nahezu zwei Stunden mussten die Schüler in ihren Klassen ausharren. Ihre Eltern wurden von der Polizei zu einem nahegelegenen Supermarkt-Parkplatz bestellt, wo sie in quälender Ungewissheit auf Nachrichten über ihre Kinder warteten. Einige der Eltern wurden von Weinkrämpfen geschüttelt, als sie am Nachmittag ihre Kinder endlich in den Arm nehmen konnten.

Die Fahndung nach dem Schützen wurde währenddessen bereits auf das ganze Stadtgebiet ausgedehnt. Ein Großaufgebot der Polizei samt Spürhunden klapperte Freunde und Bekannte des Achtklässlers ab sowie dessen Lieblingsplätze. Gegen 17.30 Uhr dann hatten die Beamten endlich Erfolg bei ihrer Suche - an einem Sportplatz im Ortsteil Steinheim, mehrere Kilometer von der Hauptschule entfernt. Der Stadtteil wurde komplett abgeriegelt, eine Bundesstraße gesperrt.

Polizisten umstellen in Memmingen einen Jugendlichen auf einem Sportplatz. Der Schüler soll mittags in einer Schule einen Schuss abgegeben haben. (Foto: dpa)

Der Schüler hielt sich mit vorgehaltener Waffe an einem Holzhäuschen im Freien auf. Es fielen rund 20 Schüsse. Einige Anwohner beobachteten das Geschehen. Polizisten versteckten sich hinter Holzstapeln. Spezialkräfte eines Sondereinsatzkommandos steckten zur Beratung die Köpfe zusammen, setzten dann ihre dunklen Helme auf und rückten vor.

Am Abend herrschte große Erleichterung, als der Junge aufgab. Er wurde im Anschluss psychologisch bereut, sagte ein Sprecher. Zuvor hatte der Jugendliche nicht nur mehrfach um sich geschossen, sondern sich auch selbst eine Waffe an den Kopf gehalten.

Motiv Liebeskummer?

Der Tat ging offenbar ein Beziehungsdrama voran. "Er hatte mit seiner dreizehnjährigen Freundin Streit und die Beziehung wurde beendet", sagte der Sprecher über den im schwäbischen Memmingen lebenden Schützen. Das Paar habe sich etwa einen Tag vor dem Amok-Alarm getrennt.

Der Achtklässler hatte dem Sprecher zufolge bei der Tat drei Pistolen, darunter zwei erlaubnispflichtige und eine Schreckschusswaffe bei sich. Angaben darüber, woher die Waffen stammten, wurden zunächst nicht gemacht. Der Vater des Schützen sei legaler Waffenbesitzer, aber kein Jäger.

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