Mehrteiler geplant:"Es kann ja nicht Schluss sein"

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Seit 17 Jahren wird Lichtenberg mit dem Tod der neunjährigen Peggy in Verbindung gebracht. Die Dokumentarfilmerin Marie Wilke will den Fall und seine Auswirkungen auf die Bewohner aufarbeiten

Interview von Olaf Przybilla

SZ: Frau Wilke, wie kam es dazu, dass Sie so groß einsteigen wollen in den Fall?

Marie Wilke: Die Initiative ging tatsächlich vom ZDF aus, das eine dokumentarische Fernsehserie senden wollte. Die Idee, so eine Serie über den Fall Peggy zu machen, die stammte dann von mir. Der Fall ist ebenso mysteriös wie bekannt. Ich verfolge den Fortgang der Causa seit 2001.

Es ist ein gutes Stück Weges von ihrem Heimatort Berlin nach Oberfranken.

Klar, und tatsächlich wäre ich gerne noch viel öfters in Lichtenberg. Aber in den vergangenen Monaten konnte ich auch so viele Dutzend Tage in dieser Region verbringen. Wobei die Arbeit natürlich auch viel am Schreibtisch stattfindet. Sie wissen ja selbst, wie unübersichtlich die Anzahl allein der Artikel ist, die seit dem Verschwinden Peggys im Jahr 2001 erschienen sind.

Diese Serie soll tatsächlich keine fiktionalen Elemente beinhalten?

Die Silhouette der oberfränkischen Stadt Lichtenberg im Landkreis Hof wird von dem 25 Meter hohen Schlossbergturm geprägt. (Foto: David Ebener/dpa)

Es ist zumindest nicht geplant, dass Schauspieler da etwas nachspielen. Um es plastisch vorstellbar zu machen, werden wir wohl zum Beispiel bestimmte Wege nachstellen. Grundsätzlich aber versuchen wir, mit realen Bildern zu arbeiten.

Sechs Folgen mit jeweils 45 Minuten, ein Riesenprojekt. Gibt der Fall das her?

Absolut. Es ist ein Zeitraum von inzwischen 17 Jahren, in dem dieser Fall spielt. Wir werden da in Details gehen können.

Die Lichtenberger klagen seit Jahren, dass sie, wenn schon nicht auf der Anklagebank sitzen, so doch dauerhaft im Fokus der Medien stehen.

Ich verstehe die Leute vollkommen. Und ich kann der Verstörung gar nicht viel entgegensetzen. Die Lichtenberger werden bedrängt seit 17 Jahren, das ist für sie sehr schwer. Andererseits entgegne ich ihnen immer: Es geht um ein Mädchen, das tot ist, und der Fall ist nicht geklärt. Im Übrigen gibt es auch Menschen in Lichtenberg, die mir gesagt haben: Dieser Fall sollte auch keinesfalls ruhen. Es kann ja nicht Schluss sein, so lange der Mord nicht aufgeklärt ist. Und das ist auch klar: Was diese 17 Jahre mit den Lichtenbergern gemacht haben, das wird auch einen Platz einnehmen in unserer Serie. Auch was medial gemacht wurde aus diesem Ort.

Marie Wilke wurde 1974 in Berlin geboren. Ihr Dokumentarfilm "Mit Leib und Seele" lief auf mehreren internationalen Festivals. (Foto: privat)

Gibt es unangenehme Momente bei Ihrer Arbeit in Lichtenberg?

Ich muss sagen, dass es noch keine Anfeindungen gab. Ich werde positiver empfangen, als ich das erwartet habe. Die Leute sind und bleiben freundlich zu mir.

Sie kennen die Peggy-Akten, viele Tausend Seiten. Der 41-Jährige, gegen den jetzt neu ermittelt wird, kommt in diesen Akten vor. Er stand schon einmal im Visier der Ermittler, wirkte aber nach alter Aktenlage nicht sehr verdächtig.

Ja, das ist für mich auch eine neue Entwicklung. Soweit ich den Fall überblicke, hätte ich nicht gedacht, dass dieser Mann in den Fokus gerät. Wir haben mit ihm nicht gesprochen. Es ist überraschend.

Überraschend wie nahezu jede Wende in diesem Fall. Gab es schon mal den Moment in Lichtenberg, in dem Sie gedacht haben: Das wird mir hier zu viel.

Nein, ich kann das gut aushalten. Und empfinde es sogar als Privileg, mich damit so ausführlich beschäftigen zu dürfen. Es wurde da immerhin 2004 jemand für einen Mord verurteilt, Ulvi K., der zehn Jahr später in einer Wiederaufnahme freigesprochen wurde. Das sollte nicht ruhen.

© SZ vom 15.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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