Markus Sackmann:Botschafter fürs Ehrenamt

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Wegen seiner Krebserkrankung hatte Markus Sackmann plötzlich viel Zeit, um sich seiner Familie zu widmen. Jetzt wird er eine neue Aufgabe übernehmen. (Foto: Uwe Moosburger)

Markus Sackmann, früher Sozial-Staatssekretär, war ein Arbeitstier - bis bei ihm Turmore im Kopf gefunden wurden. Dass er noch lebe, sei ein Wunder, sagt er. Und kehrt nun zurück in die Politik: Als Botschafter für die rund vier Millionen Menschen Ehrenamtlichen in Bayern.

Von Wolfgang Wittl, Roding/München

So manches wird Markus Sackmann bekannt vorkommen, der Gang zu seinem neuen Büro etwa. Es liegt auf der vierten Etage des Sozialministeriums, dort, wo Ministerin Emilia Müller sitzt und wo er als Staatssekretär selbst zu den Wichtigeren in der bayerischen Landespolitik zählte. Es werden ihm Mitarbeiter von früher begegnen, vertraute Gesichter, auf die er sich jetzt schon freut. Denn alles, was bekannt ist, bedeutet etwas Gutes für Markus Sackmann. Es beweist ihm die Rückkehr in ein Leben, das er aufgeben musste, obwohl er das niemals wollte.

Seit Dienstag darf sich Sackmann, 53, bayerischer Ehrenamtsbotschafter nennen. Es ist eine Stelle, die das Kabinett demnächst verabschieden wird - und die wie maßgeschneidert wirkt für den früheren Sozial-Staatssekretär. Etwa vier Millionen Menschen engagieren sich im Freistaat ehrenamtlich. Sie zu würdigen, ist nur eine der Aufgaben des Botschafters. Ob Vereine, Verbände oder Parteien: Studien belegen einen kontinuierlichen Rückgang von Helfern. Eine "Kultur der Anerkennung", wie sie Ministerin Müller vorschwebt, soll den Schwund bremsen helfen. Sackmann sei der ideale Mann dafür: Kein Name in Bayern sei mit der Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements so verbunden wie der seine, die Arbeiterwohlfahrt lobt ihn als "ehrlichen Makler".

Ein Wunder, dass Sackmann noch lebt

Mehr als 20 Jahre gehörte Markus Sackmann dem Landtag an. Er war Staatssekretär im Wirtschafts-, im Arbeits- und Sozialministerium, heute wäre er vielleicht Minister. Er war ein Arbeitsverrückter, einer, der nach einer 70-Stunden-Woche sonntags noch Vereinsfeste in seinem Heimatlandkreis Cham besuchte. Im Vergleich dazu nimmt sich der Job eines Ehrenamtsbotschafters bescheiden aus. Doch für Sackmann ist die Berufung ein Geschenk.

Es war ein Sommertag vor zwei Jahren, ein Freitag der 13., als Sackmann die erschütternde Diagnose erhielt: Drei Tumore befinden sich in seinem Kopf, inoperabel, die Ärzte gaben ihm bis Weihnachten. Anstatt Termine zu notieren, schrieb er plötzlich sein Testament und eine Patientenverfügung. Doch er kämpfte. Und er tut es bis heute. Schweren Herzens gab er sein Landtagsmandat auf, ein paar Ämter behielt er noch: Kreischef der CSU in Cham, Vorsitzender vom Roten Kreuz in der Oberpfalz und im Kolpings-Bildungswerk der Diözese Regensburg, Mitglied im Kreistag, im Rodinger Stadtrat und im Landesvorstand der CSU - andere wären damit überlastet, Sackmann fühlt sich entlastet. Ganz loslassen konnte er nicht, auch das hält ihn vermutlich am Leben. Dass er noch lebt, bezeichnet er selbst als Wunder.

Fragen zu seinem Gesundheitszustand beantwortet Sackmann grundsätzlich mit "ganz gut", eine Definitionssache. Weil das Blutbild besser sein könnte, musste er mit seiner Familie auf den Sommerurlaub verzichten. Derzeit absolviert er eine seiner vielen Chemotherapien mit Tabletten, die, wenn sie auseinanderbrechen, so gefährlich sind, dass sie in einer Tüte als Sondermüll in die Apotheke gebracht werden müssen. Eine Kernspintomografie zeigt ihm, ob die Tumore gewachsen sind. Oder ob er weiter zurecht hoffen darf. Ablenkung könne da nicht schaden.

Viele Pläne für die neue Aufgabe

Der Kontakt zur Landespolitik ist nie abgerissen. Die Affäre um seine frühere Ressortchefin Christine Haderthauer hat er aufmerksam verfolgt, ohne sich freilich zu äußern. Er erhält E-Mails und Anrufe von Kollegen, Horst Seehofer erkundigt sich regelmäßig nach ihm. Er war es auch, der Sackmann erst einen Platz im Kabinett freigehalten hatte und danach weiter einbinden wollte. Die Idee mit dem Ehrenamtsbotschafter stammt von Gerhard Hopp, seinem Nachfolger als Abgeordneter, den Sackmann selbst aufgebaut hat. Er habe die Politik "nicht nur als kaltes Geschäft kennengelernt", das könne er jetzt guten Gewissens sagen, versichert Sackmann.

Pläne für seine neue Aufgabe hat er bereits: Für die Ehrenamtskarte etwa, deren geistiger Vater er war und die von mehr als 70 000 Bürgern im Freistaat genutzt wird, will er bei Städten und Landkreisen noch intensiver werben. Eine feste Anlaufstelle im Ministerium soll dem Ehrenamt noch mehr Bedeutung verschaffen. Über Rückmeldungen zu seiner Berufung zu sprechen, ist ihm fast unangenehm. Ausnahmslos positive Reaktionen habe erhalten.

Dem Amt entsprechend wird Sackmann unentgeltlich tätig sein, nur den Fuhrpark des Ministeriums wird er nutzen, weil Autofahren zu anstrengend ist. Ein paar Termine hat er schon im Sinn, doch im Gegensatz zu früher hat er kein Problem mehr, auch einmal Nein zu sagen. "Die Gesundheit", hat er gelernt, "ist ein begrenzender Faktor." Im Rahmen dessen, was er leisten könne, werde er aber seine ganze Leidenschaft einbringen.

© SZ vom 10.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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