Lebensgefährtin von Joachim Gauck:Keine Hochzeit fürs Protokoll

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Daniela Schadt ist es noch nicht gewohnt, dass sie nicht mehr die Fragen stellt, sondern sie sich gefallen lassen muss - auch zu ihrem Privatleben. Am Tag der Bundespräsidentenwahl spricht Gaucks langjährige Lebensgefährtin darüber, dass sie nicht in Schloss Bellevue einziehen will und schließt eine Hochzeit aus protokollarischen Gründen aus.

Olaf Przybilla

Dass sie sich mit Anfang 50 einmal in aller Öffentlichkeit für ihr Privatleben rechtfertigen müsste, hätte sich Daniele Schadt wohl nicht träumen lassen. Doch nun wird der Mann, mit dem sie seit mehr als zehn Jahren ihr Leben teilt zum Bundespräsidenten gewählt. Und plötzlich sah sich Schadt, eine Frau mit erfolgreicher eigener Karriere als Zeitungsjournalistin, Fragen ausgesetzt, warum sie nicht verheiratet seien und sich Gauck noch immer nicht von seiner Frau habe scheiden lassen, von der er seit mehr als 20 Jahren getrennt lebt.

In dem Moment, als die Staatsanwaltschaft Hannover am 16. Februar bekanntgab, sie werde die Aufhebung der Immunität von Christian Wulff beantragen, moderierte Daniela Schadt, 52, gerade ein Gespräch im Nürnberger Presseclub. Schadt leitet das Ressort Innenpolitik der Nürnberger Zeitung, man kennt sie dort als meinungsstarke und humorvolle Kollegin - für einen Job als Moderatorin sind das hilfreiche Eigenschaften. An dem Abend, es war der Donnerstag, war Markus Söder zu Gast, Bayerns Finanzminister. Schadt fragte nach dem Länderfinanzausgleich und den finanzpolitischen Zielen des Freistaats, der Minister und seine Interviewerin wirkten konzentriert.

Irgendwann aber traf diese SMS ein: die Nachricht von den anstehenden Ermittlungen gegen Wulff. Söder zeigte sie auf dem Podium herum, zog die Augenbrauen nach oben. Das Gespräch war bald zu Ende - Schadt ahnte da wohl schon, dass demnächst andere Aufgaben auf sie zukommen könnten. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist sie mit Joachim Gauck liiert.

Am Tag der Bundespräsidentenwahl erscheint ein Interview mit Schadt in der Bild am Sonntag: "Nur aus protokollarischen Gründen zu heiraten, das fände ich auch nicht richtig", sagt Schadt, die ihren Lebensgefährten Jochen nennt, zur Kritik an den "ungeordneten Verhältnissen", die CSU-Politiker Norbert Geis als einer der ersten bemängelt hatte. Zu der Forderung, Gauck solle sich von seiner Ehefrau scheiden lassen sagt die 52-Jährige nur: "Nachdem nicht nur Jochen und ich, sondern die ganze Familie mit unserer Regelung gut leben können, kann vielleicht auch der Rest der Gesellschaft damit leben."

Dienstvilla in Dahlem statt Schloss Bellvue

Sie will nicht die prominente Schlossherrin geben, die dem Vorbild der amerikanischen First Lady nacheifert, daran lässt sie keine Zweifel: Sollte es wegen des fehlenden Trauscheins doch einmal ein protokollarisches Problem bei einer Reise geben, "dann erkenne ich das natürlich an und komme nicht mit". Grundsätzlich wolle sie Gauck aber zu einigen Reisen und Termine begleiten. "Wie oft es sein wird, hängt von meinem eigenen ehrenamtlichen Engagement ab, das ich mir aufbauen möchte", sagt sie der BamS. Wofür sie sich genau einsetzen werde, wolle sie in den kommenden Wochen entscheiden. Schadt und Gauck planen, in die Dienstvilla in Berlin-Dahlem zu ziehen. Die Nachbarn ihrer derzeitigen Wohnung in Schöneberg könnten sich durch das Sicherheitsaufgebot gestört fühlen, sagt Schadt in der BamS. Und: Schloss Bellevue "geht gar nicht mehr".

Es ist nicht das erste Mal, dass die Journalistin Schadt erlebt, wie es ist, wenn nicht sie die Fragen stellen darf - sondern Antworten von ihr erwartet werden. Es gibt Journalisten, die sich leicht damit tun. Schadt aber gehört zu denen, die eher befremdet sind davon. Auch bei der ersten Kandidatur Gaucks als Bundespräsident 2008 stand sie plötzlich im Fokus als mögliche First Lady. Und schon damals gab sie möglichst wenig von sich preis, der aufschlussreichste Satz fiel in einem Gespräch mit einer Kollegin aus dem eigenen Blatt: "Weißte, da schreibste dich 20 Jahre durch das Weltgeschehen und dann kommt so was."

So was: Das war zu der Zeit die Kandidatur ihres Partners, für die sie ihren Jahresurlaub nahm und von Nürnberg nach Berlin zog. Das Schreiben von Leitartikeln stellte sie ebenfalls ein. Würde sie jetzt zugunsten der Regierung kommentieren, würde es sofort heißen: "Schau an, da stimmt was nicht in deren Beziehung", erklärte sie. Würde sie pro Rot-Grün Stellung beziehen, könnte man ihr Befangenheit nachsagen. Nun ist klar, dass Schadt die Frau an der Seite des künftigen Bundespräsidenten sein wird - und in Nürnberg rechnen sie fest mit dem Abschied der Kollegin: "Ein großer Verlust für uns", sagt Siegfried Zelnhefer, Chef des Nürnberger Presseclubs.

Schadt wurde im hessischen Hanau geboren, dort machte sie auch Abitur. Nach dem Studium der Germanistik, Politik und französischen Literatur schrieb sie seit 1985 für die Nürnberger Zeitung, die als liberal-konservativ gilt. Als "liberale Konservative" bezeichnet sie sich auch selbst. Den 20 Jahre älteren Gauck lernte die Journalistin bei einem Vortrag kennen, seither führen sie eine Fernbeziehung zwischen Nürnberg und Berlin. An dem Tag, als Wulff zurücktrat, war Gauck deshalb in Nürnberg. Bei seiner ersten Kandidatur hatte Gauck angekündigt, dass das Paar - sollte er Präsident werden - gemeinsam ins Schloss Bellevue einziehen und auch heiraten werde.

Viel Veränderung also für Daniela Schadt. Die Gesprächsrunde im Nürnberger Presseclub liegt gerade einmal einen Monat zurück. damals hielt sie das alles noch für fast ausgeschlossen. "Jetzt müssen Sie nach Berlin", hatte Söder nach der Gesprächsrunde gefrotzelt. Schadts Antwort: "Kommt doch gar nicht in Frage."

© SZ vom 21.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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