Landtagsneuling wird Vize:"Ich bin jetzt ein Verfassungsorgan"

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Peter Meyer zieht mit den Freien Wählern erstmals ins Parlament ein - und wird Landtagsvizepräsident. Der Neuling kann seinen Aufstieg selbst kaum fassen.

K. Auer

Nur die Schultüte fehlt, ansonsten fühlt sich Peter Meyer tatsächlich ein bisschen wie an seinem ersten Schultag. Wenn noch keiner weiß, neben wem er sitzen wird, wenn die Suche nach dem Klassenzimmer auch einmal im falschen Stockwerk endet.

Rasanter Polit-Aufstieg: Peter Meyer (Foto: Foto: dpa)

Meyer wird an diesem Tag Abgeordneter des bayerischen Landtags. Und als wäre das nicht schon genug: Er soll gleich Landtagsvizepräsident werden.

Der 45-jährige Jurist wurde für die Freien Wähler ins Parlament gewählt, eine Überraschung für den Oberfranken, wenngleich er schon darauf gehofft hatte. "Ich bin jetzt Verfassungsorgan", sagt er mit dem Respekt eines Juristen vor seinem neuen Amt.

Seine Familie begleitet Meyer an diesem besonderen Tag. Früh haben sich Ehefrau Claudia und die drei Kinder Johanna, 16, Sebastian, 13 und Katharina, 10, mit Meyer von Hummeltal im Landkreis Bayreuth auf den Weg nach München gemacht.

Extra schulfrei haben die Kinder dafür gekriegt und geben zu, dass sie sich vor allem freuen, weil sich der Papa so gefreut hat. Um 11 Uhr tagt seine Fraktion im Maximilianeum und Meyer trifft seine 20 neuen Arbeitskollegen.

Den Weg zum Fraktionssaal im vierten Stock kennt er mittlerweile, sogar Post für ihn ist schon da. Von den Münchner Verkehrsbetrieben. Als Abgeordneter darf er gratis mit der Münchner U-Bahn fahren, ebenso wie mit der Bahn.

Eine gewisse Sitzungserfahrung

Die Fahrkarte hat er schon, aber sonst weiß Meyer noch nicht so recht, was auf ihn zukommt. Bisher hat er weder Büro noch Appartement, und selbst wie seine Wahl zum Vizepräsidenten ablaufen soll, ahnt er auch nicht. "Ich hab überhaupt keine Ahnung", sagt er und lacht.

Dass er selbst bald Plenarsitzungen leiten soll, kann er sich kaum vorstellen, aber besondere Angst macht es ihm nicht. Immerhin habe er als Verwaltungsjurist eine gewisse Sitzungserfahrung.

Ob er der Quotenfranke in der Fraktionsspitze ist? Da lacht Meyer, die Freien Wähler wollten dem Regionalproporz, "mit dem sich die CSU so blamiert hat", keinen so großen Stellenwert einräumen.

Vor der konstituierenden Sitzung findet ein ökumenischer Gottesdienst statt. Der Augsburger Bischof Walter Mixa und Landesbischof Johannes Friedrich reden den Abgeordneten ein wenig ins Gewissen. "Recht ergreifend", findet Meyer.

Im Plenarsaal profitiert Claudia Meyer als erste von der neuen Position ihres Mannes. Als Gattin eines Beinahe-Vizepräsidenten darf sie im Ehrengastbereich sitzen.

In einer Reihe mit Horst Seehofer und der Geistlichkeit. Meyer selbst findet seinen Platz in der dritten Reihe im Plenarsaal und mittlerweile sei er doch ein wenig nervös, gibt er zu. Lange zieht sich die Sitzung hin, dann beginnen die Wahlen. Zuerst die Landtagspräsidentin, dann ein Stellvertreter, noch einer.

Als dritter ist Peter Meyer an der Reihe. 110 Abgeordneten stimmen für ihn, 46 gegen ihn, 22 enthalten sich und acht Stimmzettel sind ungültig. Meyer lacht, dankt und nimmt die Wahl an.

Dann winkt er seiner Frau auf ihrem Ehrenplatz zu. Wichtig fühlt er sich nach der Wahl zwar nicht. "Aber beeindruckend war's", sagt er. Nun beginnt die Arbeit: Der Landtagsvizepräsident geht mit seiner Fraktion in Klausur.

© SZ vom 21.10.2008/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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