Landgericht Passau:Schläger zu langen Haftstrafen verurteilt

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Mehrjährige Haftstrafen für drei junge Männer: Der Richter spricht von unfassbarer Brutalität - Alkoholkonsum lässt er nicht als Ausrede gelten.

Max Hägler

Das Landgericht Passau hat am Freitag drei junge Männer wegen Gewalttaten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die drei Passauer hatten in der Nacht vom 5. auf 6. Dezember mitten in der Altstadt mehrere ihnen unbekannte Jugendliche angegriffen.

Am schlimmsten traf es den 22-jährigen Zivildienstleistenden Marco D. Als er kurz nach Mitternacht aus dem Cineplex-Kino kam, wurde er unvermittelt von Benjamin E., einem der drei Täter, geschlagen. "Er war reines Zufallsopfer", sagte der Vorsitzende Richter der Jugendkammer Wolfgang Hainzlmayr bei der Urteilsbegründung. Benjamin E. sei es schlicht darum gegangen, jemanden zu verprügeln. Einen Anlass habe es nicht gegeben.

Danach sei auch der Freund von E., Andreas R., "ausgetickt". Der Verurteilte, ein inzwischen 19-Jähriger, nickte bei dieser Aussage des Richters. Mindestens dreimal trat Andres R. in der Tatnacht gegen den Kopf seines Opfers und verletzte Marco D. derart, dass dieser künftig ein künstliches Gebiss tragen muss. Er ließ erst ab, als Marco D. in Todesangst "Mama, Mama" schrie und Passanten drohten, die Polizei zu rufen.

Letztlich sei aber kein Tötungsvorsatz festzustellen gewesen, stellten Richter wie auch Staatsanwaltschaft fest und rückten vom Vorwurf des Mordversuchs ab. Das Gericht verurteilte Andreas R. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten. Benjamin E. wurde zu einer Strafe von fünf Jahren verurteilt. Eingerechnet ist dabei aber auch eine Gefängnisstrafe, zu der er just zwei Wochen vor der Nikolausnacht verurteilt worden war - und die auf ihn offensichtlich keinen Eindruck gemacht hatte.

Beide Männer nahmen noch im Gericht die Strafe an. Der dritte Täter wurde wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Der Strafrahmen lag zwischen den Anträgen der Staatsanwaltschaft und der Verteidiger. Alle drei Angeklagten nahmen die Urteilssprüche äußerlich unbewegt auf.

Richter Hainzlmayr betonte, dass er eine solche Brutalität in seiner Laufbahn noch nicht erlebt habe: "Wie muss man einen Mann verdreschen, dass der nach seiner Mama schreit." Dass Marco D. noch lebe, sei "auch Zufall". Nicht zuletzt der Fall Brunner in München-Solln habe gezeigt, dass solche Angriffe tödlich enden könnten. Nachdem Andreas R. und seine beiden Freunde in der Nikolausnacht von dem schwerverletzten Opfer abgelassen hatten, zogen sie bis zu ihrer Festnahme durch die Innenstadt.

Gemäß ihren Aussagen im Prozess feierten sie ihre Taten etwa auf dem Klo eines Spielsalons. Vor einem McDonalds-Restaurant verprügelten sie dann nochmals ihnen völlig unbekannte Gleichaltrige. "Offensichtlich gehört das zur Passauer Folklore, auf Liegende einzutreten", bewertet Hainzlmayr den Verlauf dieser Nacht. Zugleich bestätigten diese Taten, dass sich Passaus "Neue Mitte" immer mehr zu "einer No-Go-Area" entwickle.

Trotz ihrer Geständnisse und ihrer Entschuldigungen gäben die drei Angeklagten der Kammer "gewisse Rätsel auf", sagte der Richter. Sie seien zwar alle angetrunken gewesen, jeweils über zwei Promille, aber das erkläre die Taten nicht: "Es hat wohl damit zu tun, dass sie andere kleiner machen wollen, um sich größer zu fühlen." Die drei Angeklagten stammen aus schwierigen Verhältnissen.

© SZ vom 12.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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