Internet:Auch nach Corona viel Hass und Hetze im Netz in Bayern

Lesezeit: 2 min

Im Schutz der Anonymität wird im Internet gehetzt, beleidigt und gepöbelt, was das Zeug hält. Mit vereinfachten Möglichkeiten zur Anzeige soll das bekämpft werden. Der Erfolg ist noch überschaubar.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

München (dpa/lby) - Trotz des hohen Fahndungsdrucks von Justiz und Polizei bleiben Hass und Hetze im Internet in Bayern ein großes Problem. Auch wenn 2022 die Zahl der angezeigten Straftaten auf 1186 leicht zurückging, bleibt sie weiterhin auf einem hohen Niveau. Insbesondere die Zahl der antisemitischen Straftaten bleibt demnach erschreckend hoch. Das geht aus dem am Montag in München vorgestellten Lagebild Hasskriminalität hervor. Von 2019 (1016) bis 2021 (1225) war die Zahl der Hass-Straftaten im Freistaat um rund 20 Prozent gestiegen, ein Grund waren Anfeindungen im Zuge der Corona-Pandemie.

„Hasskriminalität hat leider weiter Konjunktur“, betonten Innenminister Joachim Herrmann und Justizminister Georg Eisenreich (beide CSU). Die Zahlen seien immer noch zu hoch. „Neue Entwicklungen wie beispielsweise der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und seine Folgen bieten Hass und Hetze im Netz einen zusätzlichen Nährboden“, erläuterte Eisenreich.

Laut Herrmann dominierten in fast 50 Prozent aller Fälle Volksverhetzungsdelikte die Statistik, gefolgt von Beleidigungen. „Wenn Menschen beispielsweise wegen ihrer Nationalität, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung Opfer werden, sprechen wir von Hasskriminalität, eine besonders verwerfliche Form von Straftaten“, sagte Herrmann.

Auch wenn antisemitische Straftaten um rund 30 Prozent zurückgegangen seien (358 Fälle), gibt es aus Sicht von Herrmann keinen Grund zur Entwarnung. 2021 hatte die Zahl der Taten mit 510 Fällen einen neuen Höchststand erreicht (2019: 310 Fälle; 2020: 353 Fälle).

Auch fremdenfeindliche Straftaten bewegten sich auf einem hohen Niveau. „Nach einem deutlichen Anstieg von 988 in 2019 auf 1288 Straftaten in 2020, konnten wir in den letzten Jahren wieder einen leichten Rückgang feststellen.“ Auffällig sei die hohe Zahl an Straftaten gegen queere, also nicht heterosexuelle Menschen. Straftaten gegen LSBTIQ-Personen seien von 2019 (29 Fälle) bis 2022 (96 Fälle) um rund 230 Prozent gestiegen.

Beide Minister verwiesen auf die hohe Aufklärungsquote in diesem Bereich. Allein im vergangenen Jahr hätten rund zwei Drittel der angezeigten Fälle aufgeklärt werden können. „Es ist wichtig, dass jeder Einzelne in der Gesellschaft Hass offen widerspricht - sei es am Stammtisch, am Gartenzaun oder im Internet“, erklärte Eisenreich. „Wir sind angewiesen auf Hinweise, wir sind angewiesen auf Anzeigen.“

Selbst bei Ersttätern sei eine Freiheitsstrafe möglich. Außerdem drohten empfindliche Geldstrafen - bei Volksverhetzung etwa mindestens drei Monatsgehälter plus Eintrag ins Führungszeugnis.

Im Kampf gegen die Hasskriminalität wurden in den vergangenen Jahren in Bayern und anderen Bundesländern auch mehrere Online-Meldeverfahren eingerichtet, damit Betroffene schneller Vorfälle zur Anzeige bringen können, etwa über die www.meldestelle-respect.de. Zudem gibt es spezielle Angebote für Opfer antisemitischer Straftaten, Journalisten, queere Menschen und Politiker.

Die Fraktionschefin der Landtags-Grünen, Katharina Schulze, forderte am Montag eine „virtuelle Polizeiwache“, um die Erstattung von Anzeigen wegen Hasskriminalität zu erleichtern. Opfer sollten sich „jederzeit, vom Sofa aus“ an diese Stelle wenden können - ohne „den Umweg über andere Online-Portale nehmen“ zu müssen.

© dpa-infocom, dpa:230806-99-735453/5

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: