Kratzers Wortschatz:Zwiefe aufm Braten, Gas im Bauch

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In den Raunächten, die am Thomastag begonnen haben, spielte auch die Zwiebel oder bairisch Zwiefe eine Rolle

Von Hans Kratzer

Zwiefe

Am Thomastag (21. Dezember) haben die zwölf Raunächte begonnen, in denen früher keiner freiwillig das Haus verlassen hätte. Die Menschen hatten einen Heidenrespekt vor der sogenannten wilden Jagd, also vor den Unholden und Dämonen, die in diesen Nächten der Sage nach ihr Unwesen treiben. Manche Raunacht galt als Losnacht, das heißt, man bildete sich ein, einen Blick in die Zukunft werfen zu können. In der Thomasnacht wollten Neugierige sogar erfahren, wen sie heiraten werden oder wer als nächstes sterben muss. Der Aberglaube war übermächtig. Auch die Zwiebel spielte dabei eine Rolle. In Altbayern heißt die Pflanze Zwiefe (Plural: d'Zwiefen). Abgeleitet ist das Wort vom althochdeutschen zwibolla (bolla = Geschwollenes). Der Lautwandel von b zu f ist nicht ungewöhnlich. In Ilmbergers Fibel war vor Jahrzehnten nachzulesen, "zwölf Zwiefeschoin" (Zwiebelschalen) in den Raunächten nebeneinander gelegt, zeigten an, ob das Wetter in den nächsten Monaten feucht oder trocken wird. Im Übrigen gilt die Zwiebel (der Zwiefe) als Heilmittel, auch wenn sie nicht jeder gut verdauen kann. Es kommt zu verstärkter Gasentwicklung, wie es die Apotheken-Umschau formulierte. Trotzdem wird der Zwiebelrostbraten gerne gegessen. Neulich fragte in einer niederbayerischen Wirtschaft eine Bedienung einen vor seinem Braten sitzenden Gast dialektal versiert: "Ja Sepp, hams dir koan Zwiefe ned auffedo, mogst no oan omad?"

Winterhansl

An diesem Mittwoch (27. Dezember) wird der Namenstag des Johannes Evangelist gefeiert. Der ist in Bayern aber weniger populär als Johannes der Täufer, dessen Namenstag auf den 24. Juni fällt. Letzterer wird als Sommerhansl bezeichnet, der andere als Winterhansl. Hansl ist eine Diminutiv-Form des Namens Johannes, der als der populärste Männername der europäischen Geschichte gilt. Trotzdem sind die bayerischen Formen Johann und Hans heute eine Rarität. In der Passauer Gegend heißt der Winterhansl auch Hans Wurst (wegen der an Weihnachten gerne verspeisten Mettenwürste).

© SZ vom 27.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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