Kratzers Wortschatz:Wo sich Schwedisch und Bairisch berühren

Lesezeit: 1 min

Selten hat ein in dieser Kolumne vorgestelltes Wort so viele Reaktionen hervorgerufen wie das alte Verbum zwochen. Und trotzdem gilt auch hier: nur nicht hudeln

Von Hans Kratzer

zwochen

Selten hat ein in dieser Kolumne vorgestelltes Wort so viele Reaktionen hervorgerufen wie das alte Verbum zwochen (zwocha), welches auch in der Lautform zwoong bezeugt ist. Dabei handelt es sich um ein Wort aus der Vergangenheit, wie die Mitteilung von Lorenz Wachinger belegt. Er kennt zwochen aus dem Chiemgau, wo die Kinder früher ermahnt wurden: "Dua di fei zwoong!" Das bedeutete: Vergiss nicht, dich zu waschen! Mehrere Leser wie etwa Gunda Schricker weisen auf den alten Schmeller hin, der dieses Wort im 19. Jahrhundert in seinem Wörterbuch vermerkt hat, und zwar als zwahen und zwagen (Spalte 1175 im 2. Band der 2. Auflage). Marcus Maximilian Muhr schrieb uns, zwochen gehe auf das mittelhochdeutsche twahen zurück, das waschen, baden bedeute. Es heiße im mittelbairischen Standard folgerichtig zwahà, mit dunklem a. Interessant ist ein Schreiben von Bengt Sandberg aus Kungsback in Schweden. Er teilte mit, der Ursprung von zwochen sei das mittelhochdeutsche Verb zwagen, das im Schwedischen noch heute vorhanden sei, und zwar unter der Form tvaga mit der Bedeutung waschen. Felix Fischer verwies ebenfalls auf zwagen und dessen mittelhochdeutsche Formen twahen und dwahen. Beide Wörter seien schon im Althochdeutschen in der Grundbedeutung waschen bezeugt. Das Wort zwagen, so fährt Fischer fort, sei schon vom Bibliothekar Johann Christoph Adelung im 18. Jahrhundert als "im Hochdeutschen völlig veraltet" bezeichnet worden. Im Oberdeutschen hingegen habe sich "dieses Wort laut Grimmschen Wörterbuch länger gehalten, wofür die bairischen Wortformen zwocha und zwoong einen eindrucksvollen Beleg darstellen".

hudeln

Zu dem Verb hudeln, das neulich hier genannt wurde, verweist Heinz Duschner aus Mainz auf die Kunst des Brotbackens. Duschner schreibt: "Nachdem die Backräume der Öfen mit Holzfeuer auf die richtige Temperatur gebracht wurden, mussten verbliebene verkohlte Holzreste, Asche, etc. aus dem Brennraum entfernt werden, um dann die zu backenden Brotteige laden zu können. Dazu wurde der Brennraum mit feuchten Lumpen (Hudel) ausgewischt. Da es im Brennraum aber noch sehr heiß war, musste man sich beim Hudeln beeilen, also hudeln. Nicht hudeln heißt also: Man soll sich Zeit lassen.

© SZ vom 14.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: