Kratzers Wortschatz:Wie Pius Paschke auf der Schanze gehudelt hat

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Der junge Skispringer hatte in Bischofshofen die Mahnung des Kabarettisten Keller Steff nicht bedacht: Wenn der Bayer hudelt, dann wird des nix!

Von Hans Kratzer

hudeln

Häufig erweisen sich die Skispringer als Großmeister des lebendigen Ausdrucks. Je mehr sie mit ihren sportlichen Leistungen hadern, desto lebhafter äußern sie ihren Unmut. Regelmäßig bereichert der Sportskamerad Eisenbichler (Eisei) den Wortschatz mit kuriosen Begriffen. Sein Kollege Pius Paschke eiferte ihm nach, nachdem er beim Springen in Bischofshofen viel zu kurz gesprungen war. Als Grund nannte er dem Fernsehreporter: "Do hob i 's Hudeln ogfangt." Statt Ruhe zu bewahren, hat er also gehudelt, er hüpfte hastig und schlampig. Origineller kann man die Not des Skispringers nicht ausdrücken. Das dazugehörige Naturgesetz hat der Kabarettist Keller Steff einmal so beschrieben: "Da Bayer, der hudelt ned, und wenn er hudelt, dann wird des nix!" Wenn jemand erkennbar nervös und fahrig ist, dann ruft man dieser Person zur Beruhigung gerne zu: Nur ned hudeln!

Lange vor der sogenannten Ibiza-Affäre, die ihn zu Fall brachte, verfolgte der damalige österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache den Plan, seine Freundin Philippa Beck zu ehelichen. Diese sagte: "Wir wollen heiraten. Man muss da nicht hudeln." Strache hätte in jeder Hinsicht besser auf sie hören sollen.

Kiechle

Im Oktober war an dieser Stelle von Auszognen die Rede. Das sind goldbraun herausgebackene Küchel (Kiache) aus Hefeteig, sie sind innen dünn und außen wulstig. Die Franken sagen auch Knieküchle dazu, weil die Bäuerinnen den Teig angeblich über dem Knie so lange ausgezogen haben, bis er in der Mitte hauchdünn war. Manche halten diese Knieversion für Unsinn. Dem widerspricht Leser Kurt Schaffer, der im Ries aufgewachsen ist und von seiner 1898 geborenen Großmutter noch manches erfahren hat. Auszogne hießen im Ries Kiechle, auch seine Großmutter habe sie hergestellt. Von ihr weiß er auch, dass die Kiechle über dem Knie ausgezogen wurden. Sie selber habe sie aber mit den Händen geformt. Das Ausziehen über dem (entblößten) Knie hatte wohl auch etwas Erotisches, vermutet Schaffer. Kinder anzulügen, sei nicht der Stil seiner Großmutter gewesen. "Ich bin heute noch überzeugt, dass das damals so gemacht wurde."

© SZ vom 11.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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