Kratzers Wortschatz:"Du bist schlimmer wia a Weiberts!"

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Eine junge Mama hat ihren quengelnden Sohn auf dem Gäubodenvolksfest mit einem Satz zurechtgewiesen, der modernen Frauen nur selten über die Lippen kommt.

Wepsen

Die Hitze, das reife Obst an den Bäumen, all die Eisbecher in den Straßencafés - zurzeit herrschen ideale Lebensbedingungen für Genießer, aber auch für Wespen. Kein Wunder, dass sich der Mensch, der in Ruhe seine süßen Schmankerl genießen will, von den hektisch herumfliegenden Tieren drangsaliert fühlt und über eine Wespenplage klagt. Das Wort Wespen gebrauchen in Südbayern vor allem die Medien und die Hochsprachler, im südlich gefärbten Hochdeutsch heißt die Wespe dagegen Weps. Wegen dieser Konsonantenverschiebung sagen Eingeborene also nicht: "Eine Wespe hat mich gestochen", sondern: "A Weps hod mi gstocha." Bemerkenswert ist überdies, dass die Wespe weiblich, der Weps aber männlich ist. Vielleicht herrscht deshalb die Neigung vor, fälschlicherweise fast jedes surrende und stechende Vieh als Weps oder Wepsendeifi zu deklarieren. Viele können Wepsen nicht mehr von Bienen unterscheiden, die im Bairischen wiederum Impn heißen. Das Wort Weps ist sehr alt, das Althochdeutsche kennt bereits die Vorläuferform wefs. Mit dem Weps verwandt sind das Verb wepsen und die Adjektive wepsert und wepsig. Von einem Kind, das sich nicht stillhalten kann, sagt man, es wepse herum oder es sei wepsert.

Weiberts

Das Straubinger Gäubodenvolksfest ist ein Publikumsmagnet, weshalb in den vollen Bierzelten und im Gedränge vor den Fahrgeschäften gelegentlich der Stress ausbricht. Das Schöne daran ist: Er wird oft in wunderbare Sätze gekleidet. Am Samstag sagte etwa eine genervte junge Mama zu ihrem Buben, der vor dem Riesenrad im Kinderwagerl quengelte: "Du bist schlimmer wia a Weiberts!" Welch eine wuchtige Rhetorik in Zeiten von Gender- und MeToo-Debatten. Um jeglichem Shitstorm vorzubeugen: Dieser Satz aus dem Munde einer Frau wird hier nur dokumentiert wegen des Wortes Weiberts, einer alten Sonderform von Weib. Es gibt die zärtlichen Varianten Weiberl und Weibi, wogegen Weiberts eher abfällig intoniert wird, ähnlich wie Weibsperson oder Weibsbild. Ein Weiberheld gilt im Übrigen als Weiberer.

© SZ vom 21.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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