Kommentar:Aiwangers Schlingerkurs

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Die Freien Wähler wollen eine "starke Mitte" sein und haben damit eigentlich eine vernünftige Strategie. Die CSU rückt nach rechts, die SPD etwas nach links, da wäre schon Platz in der Mitte. Nur einer tut sich schwer, sich dort zu positionieren: Hubert Aiwanger, ausgerechnet der Chef der Freien Wähler

Von Lisa Schnell

Die Freien Wähler wollen eine "starke Mitte" sein und haben damit eigentlich eine vernünftige Strategie. Die CSU rückt nach rechts, die SPD etwas nach links, da wäre schon Platz in der Mitte. Nur einer tut sich schwer, sich dort zu positionieren: Hubert Aiwanger, ausgerechnet der Chef der Freien Wähler.

Wie die CSU redet er nach Randalen in einer Flüchtlingsunterkunft davon, dass der Rechtsstaat wiederhergestellt werden müsse und stärkt damit die Unterstellung der AfD, in Deutschland könne man nicht mehr sicher leben. Kanzlerin Angela Merkel bezeichnet er als "Totengräberin der Inneren Sicherheit", die geltendes Recht an der Grenze nicht umsetze. Während andere die verheerende Wortwahl geißeln, derer sich die CSU mit Unworten wie "Asyltourismus" gerade bedient, wirft Aiwanger CSU-Chef Horst Seehofer vor, von einer verschärften Asylpolitik nur zu reden und nicht zu handeln. Dabei sei an ein Plakat der AfD erinnert, auf dem zu lesen ist: "Die AfD hält, was die CSU verspricht".

Aiwanger bedient sich starker Ausdrücke, eine starke Mitte repräsentiert er damit nicht. Da hilft es wenig, wenn er zwischendurch, mit Blick auf den liberalen Flügel der Freien Wähler, gemäßigte Töne anschlägt wie eben auf dem Parteitag in Nürnberg. Auf einmal wirbt auch er für eine europäische Asylpolitik und warnt davor, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, obwohl er es doch selbst mit angeschürt hat. In anderen Parteien würde so ein Schlingerkurs vielleicht nicht ganz so auffallen, weil die Verantwortung dort auf mehrere Personen verteilt ist. Die Freien Wähler aber haben als führenden Kopf nur Aiwanger, der alle wichtigen Ämter in seiner Person vereint. Kaum eine Stimme in der Partei ist stark genug, um seine scharfen Worte etwas weicher klingen zu lassen.

Wohin ein Kurs abseits der Mitte führen kann, zeigen die sinkenden Umfragewerte der CSU. Aiwanger könnte mal einen Blick darauf riskieren, nachdem er einen Wahlerfolg von mindestens zehn Prozent für die FW angekündigt hat.

© SZ vom 02.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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