Koalitionsvertrag:Bayern soll lockerer werden

Lesezeit: 3 min

Mehr Polizisten, "Gelenkklassen" statt sechsjähriger Grundschule und ein entschärftes Rauchverbot: Was CSU und FPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben.

Katja Auer

71 Seiten umfasst der Koalitionsvertrag zwischen CSU und FDP. "Leben und leben lassen" müsse in Bayern wieder gelten. In der Regierung übernimmt die FDP künftig das Wirtschaftsministerium mit Minister und Staatssekretärin und stellt den Wissenschaftsminister. Den Rest behält die CSU. Die Vereinbarungen im Einzelnen.

Einig in vielen Punkten: CSU-Chef Horst Seehofer und die bayerische FDP-Vorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. (Foto: Foto: Reuters)

Haushalt: Die Haushaltspolitik bis 2013 steht unter dem Vorbehalt der möglichen Belastungen der Bayerischen Landesbank. So plant die künftige Regierung für 2009/10 einen ausgeglichen Haushalt.

Das sei auch für die Folgejahre vorgesehen. Die mögliche Maximalbelastung von fünf Milliarden Euro wegen der Landesbank wird im Haushalt im "Stabilisierungsfonds BayernLB und Finanzmarkt" ausgegliedert.

Bildung: Priorität haben soll der Ausbau der Ganztagsschulen. So soll es bis 2013 Ganztagszüge an 540 Grundschulen, 600 Hauptschulen und allen Förderzentren geben. Ebenso in allen Realschulen und den fünften und sechsten Klassen der Gymnasien.

In fünf Jahren soll es an Grund- und Hauptschulen keine Klasse mit mehr als 25 Schülern geben, in anderen Schularten sollen es höchstens 30 sein. Bereits 2009 will die Koalition die Höchstgrenze von 25 Kindern für Klassen, in denen mehr als die Hälfte der Kinder aus Migrationsfamilien stammt.

Es bleibt bei der vierjährigen Grundschule. Dafür werden die fünften Klassen zu "Gelenkklassen" umgestaltet, in denen am Ende des Schuljahres die Übertrittsentscheidung überprüft wird. Modellversuche soll es für eine Kooperation von Haupt- und Realschulen geben.

Hochschule: Die Studiengebühren bleiben erhalten, allerdings sollen Familien künftig nur noch einmal bezahlen, wenn mehrere Kinder gleichzeitig studieren. Abgeschafft wird die Verwaltungsgebühr von 50 Euro. Die FDP forderte, die Berufung des wissenschaftlichen Personals den Hochschulen selbst zu überlassen - dazu soll es nun einen Modellversuch geben.

Statt der schon angekündigten 58.000 neuen Studienplätze, bleibt es bei den schon von der alten Regierung geplanten 38.000. "Nach Finanzierbarkeit" soll es nach 2011 noch einmal 10.000 Studienplätze geben.

Innere Sicherheit und Recht: Bis 2010 sollen 1000 neue Polizisten eingestellt werden. Das umstrittene Versammlungsrecht wird gelockert, die Regelungen für Veranstalter vereinfacht. Bei der Online-Durchsuchung entfällt das Recht für die Ermittler, eine Wohnung zu betreten, um Spionage-Software auf Computern zu installieren. Eingetragene Lebenspartnerschaften sollen künftig auch auf dem Standesamt geschlossen werden können.

Wirtschaft und Verkehr: Die Koalition hält am Bau der dritten Startbahn am Münchner Flughafen fest. Dagegen gibt es unterschiedliche Auffassungen zum Donauausbau, die CSU und FDP im Vertrag festhalten. Man wolle nun die Untersuchung der EU abwarten.

In drei Jahren soll es überall schnelle Internetanschlüsse geben. Gefördert werden soll der Tourismus, etwa mit einem reduzierten Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie. Der Ladenschluss bleibt, wie er ist.

Umwelt und Energie: CSU und FDP wollen erneuerbare Energien stärken, sich aber auch für längere Laufzeiten von Kernkraftwerken einsetzen. "Einen Neubau von Kernkraftwerken wollen wir nicht", heißt es. Einsetzen wollen man sich für die schnelle Einführung umweltfreundlicher Fahrzeuge.

Bei grüner Gentechnik will die Koalition in Brüssel durchsetzen, dass die Entscheidung über den Anbau von den Regionen selbst getroffen wird. Die CO2-Emissionen in Bayern sollen von sieben auf sechs Tonnen pro Kopf verringert werden.

Gesundheit und Soziales: Noch heuer will die Regierung den lange erwarteten Sozialbericht vorlegen. Künftig soll es einmal jährlich einen vereinfachten Bericht geben. Das Rauchverbot wird gelockert, in Nebenräumen und Festzelten darf wieder geraucht werden. In kleinen Kneipen darf der Wirt selbst darüber bestimmen.

Die Kinderbetreuung wird ausgeweitet. Mittelfristig soll das letzte Kindergartenjahr kostenlos werden. Mehr Bedeutung bekommt die Integration: So wird ein Integrationsbeauftragter der Regierung berufen. Künftig sollen auch Nicht-EU-Ausländer ein Rederecht bei Bürgerversammlungen haben.

Kommunen: Die Regierung will möglichst viele Aufgaben auf Landratsämter und Kommunen übertragen. Zudem soll es eine Entflechtung der Aufgaben geben. Dazu gibt es die "Idealvorstellung, dass für eine Aufgabe nur eine Körperschaft zuständig sein sollte". In Modellkommunen soll erprobt werden, inwieweit Städte und Kommunen von Landesgesetzen abweichen können.

Koalition: CSU und FDP wollen im Landtag stets gemeinsam abstimmen. Strittige Fragen entscheidet der sechsköpfige Koalitionsausschuss. Sind sich beide Seiten nicht einig, enthält sich Bayern im Bundesrat der Stimme.

© SZ vom 27.10.2008/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: