Karolina Gernbauer:Erste Frau an der Spitze der Staatskanzlei

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Offen, loyal, resolut: Horst Seehofer installiert Karolina Gernbauer als erste Frau an der Spitze der Staatskanzlei.

Peter Fahrenholz

Manchmal müssen mehrere Dinge zusammenkommen, damit ein Karrieresprung stattfinden kann. Im Fall von Karolina Gernbauer ist es zum einen der eklatante Mangel an jüngeren, gut ausgebildeten Frauen, den Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer als eines der Hauptprobleme der CSU ausgemacht hat. Seit Seehofer in seinen Ämtern als Partei- und Regierungschef ist, versucht er deshalb, mehr Frauen in Führungsfunktionen zu hieven.

Karolina Gernbauer: Die erste Frau an der Spitze der Bayerischen Staatskanzlei (Foto: Foto: dpa)

Zum anderen wollte Seehofer in der Münchner Staatskanzlei den Einfluss zweier Spitzenbeamter brechen, die zu den Stützen des Ancien Régime seines Vor-Vorgängers Edmund Stoiber zählten. Deshalb werden die beiden bisherigen Ministerialdirektoren der Staatskanzlei, Walter Schön und Martin Neumeyer, die sich in inniger Abneigung verbunden sind, an die Spitze anderer Ministerien weggelobt. Und Karolina Gernbauer soll künftig als neue Amtschefin die Staatskanzlei leiten - als erste Frau überhaupt.

Dass Seehofer damit die Reste des Systems Stoiber beseitigt, stimmt indessen nicht. Denn auch Gernbauer stammt aus dieser Schule. Die 47-jährige Juristin hat 1993 als Hilfsreferentin in der Staatskanzlei angefangen, kurz bevor Stoiber dort als Hausherr einzog. An Stoibers Seite hat sie dann rasch Karriere gemacht, von 1999 bis 2005 war Gernbauer seine persönliche Referentin. Es waren, zumindest zu Beginn, die guten Stoiber-Jahre, in denen in der Staatskanzlei ein offenes Diskussionsklima herrschte und Widerspruch der Beamten ausdrücklich erwünscht war.

Den hat die gebürtige Niederbayerin, wie es heißt, immer wieder geleistet, wenn es ihr geboten erschien. Offen, aber zugleich loyal, nach außen ist davon nie ein Wort gedrungen. "Ich halte mich lieber im Hintergrund", sagt sie. Der Vordergrund, glaubt sie, sei den Politikern vorbehalten, nicht den Beratern. Dass Gernbauer zugetraut wurde, mit straffer Hand Krisen zu bewältigen, zeigte sich Anfang 2007, als Stoibers Stern schon längst im Sinken war. Sie wurde nach nur wenigen Monaten aus Brüssel zurückbeordert, wo sie die bayerische Vertretung leitete.

Der damalige bayerische Umwelt- und Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf drohte im Gammelfleisch-Skandal unterzugehen, und Gernbauer sollte als zweite Amtschefin für Ordnung in diesem Bereich sorgen. Auch der heutige Umwelt- und Gesundheitsminister Markus Söder lernte Gernbauers Qualitäten rasch schätzen und verliert sie nur ungern. Gernbauer werden großes politisches Gespür, eine hohe Kommunikationsfähigkeit und ausgeprägte menschliche Qualitäten attestiert - alles Eigenschaften, die sie in der Staatskanzlei gut gebrauchen kann. Denn dort hatten sich in der Endphase Stoibers die Schleppenträger gegenseitig eifersüchtig belauert, was das Klima bis heute belastet.

Karolina Gernbauer, die von sich lediglich preisgibt, dass sie mit Mann und Katze im Alpenvorland lebt, hat eine resolut-zupackende Art. Wie ihr neuer Chef damit zurechtkommt, verspricht spannend zu werden. Denn Horst Seehofer bebrütet die meisten Probleme am liebsten allein und gibt nur sehr sparsam Auskunft darüber, welche Gedanken ihn dabei umtreiben.

© SZ vom 06.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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