Kabinett zum Haushalt:Zoff in der Koalition

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Bereits in der ersten Kabinettssitzung nach der Sommerpause kracht es zwischen den Koalitionspartnern: Die CSU plant radikale Einschnitte - zum Ärger der FDP.

Mike Szymanski

Die schwarz-gelbe Koalition in Bayern streitet darüber, wie sie mit dem Haushaltsdefizit von 4,6 Milliarden Euro im kommenden Jahr umgeht. Während sich die FDP ausdrücklich dafür ausgesprochen hat, unter anderem auch neue Schulden aufzunehmen, will der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer mit einem radikalen Sparkurs doch noch versuchen, den ausgeglichenen Haushalt in Bayern zu retten.

Ministerpräsident Horst Seehofer will nun doch drastisch sparen im Freistaat. (Foto: ddp)

Vor der Kabinettssitzung am Dienstag soll er in einer Besprechung mit den CSU-Ministern dieses Ziel als "möglich" bezeichnet haben, wie aus Teilnehmerkreisen verlautete. Die FDP kündigte Widerstand an.

Die erste Kabinettssitzung nach der Sommerpause wurde von Ärger begleitet. Am Wochenende hatte die FDP-Fraktion auf ihrer Herbstklausur ein Konzept zur Sanierung des Etats vorgestellt und eingeräumt, dass Bayern den Haushalt 2011/2012 nur noch mit neuen Krediten ausgleichen kann. Außerdem sollten alle Ministerien einen Sparbeitrag von einer Milliarde Euro liefern, für Investitionen seien Privatisierungserlöse heranzuziehen.

Die CSU erteilt diesen Plänen nun eine Absage, sie hält am ausgeglichenen Haushalt fest. Seehofer halte ihn für "eminent wichtig", soll er vor seinen Parteifreunden am Dienstag gesagt haben. In der CSU besteht aber auch die Sorge, ein radikaler Sparkurs könne die Partei Rückhalt in der Bevölkerung kosten.

Einzelne Minister sollen Seehofer daran erinnert haben, dass der rigide Sparkurs unter dem damaligen Regierungschef Edmund Stoiber eine der Ursachen für den Verlust der absoluten Mehrheit der CSU bei der Wahl 2008 gewesen sei. Nach längerer Debatte sei man sich aber weitgehend einig gewesen, den Haushalt ohne neue Schulden aufzustellen.

Radikale Einschnitte geplant

Dazu plant die CSU nach Angaben ihres Fraktionschefs Georg Schmid einen radikalen Einschnitt. Der Haushalt soll auf dem Stand von 2010 eingefroren werden, Extrawünsche der Minister würden gestrichen. Das dann noch verbleibende Defizit würde sich auf 2,6 Milliarden Euro belaufen. Alle Ressorts sollen ihre Ausgaben pauschal um drei Prozent kürzen, fordert Schmid. Das spare 1,3 Milliarden Euro.

Wie aus Kreisen der Finanzverwaltung verlautet, müssten sich zudem die Landesbeamten auf Kürzungen einstellen - etwa 500 Millionen Euro sollen gespart werden. Geprüft wird nach Informationen der SZ auch eine Anhebung der Grunderwerbssteuer, um mehr Einnahmen zu bekommen.

In der FDP wird schon Protest laut. Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch, der seinen Etat wegen des doppelten Abiturjahrgangs im kommenden Jahr am deutlichsten aufstocken will, sagt: "So kann das nicht gehen. Wir müssen auch an die Zukunft denken." Er bezeichnete Schmids Sparkonzept als "Einzelmeinung in der CSU". Außerdem verwahrte er sich gegen den Vorwurf von Manfred Weber, dem Vorsitzenden der CSU-Grundsatzkommission, die FDP würde eine "skrupellose" Schuldenpolitik machen. "Das bringt uns nicht weiter", sagte Heubisch.

Der FDP-Haushaltsexperte Karsten Klein wirft der CSU vor, sich bislang bei Sparvorschlägen der FDP "quergelegt" zu haben. Jetzt auf einem Haushalt ohne neue Schulden zu bestehen, sei "nicht besonders glaubwürdig". Die Finanzplanung der CSU hält er zudem für viel zu optimistisch. "Auch Einsparungen von zwei Milliarden Euro werden voraussichtlich nicht ausreichen, um den Haushalt auszugleichen."

Gegenwind aus den eigenen Reihen

Die Nachwuchsorganisation der FDP, die Jungen Liberalen in Bayern, stellt sich dagegen offen gegen ihre eigene Partei. Landeschef Sebastian Körber erklärte: "Ich fordere von der Regierung den Mut zu weitgehenden Sparmaßnahmen, um einen ausgeglichenen Haushalt zu ermöglichen."

Heftige Kritik übt die Opposition. SPD-Haushaltsexperte Volkmar Halbleib wirft der Staatsregierung einen seit Monaten andauernden Zickzackkurs vor. "Von einer klaren Linie ist wenig zu spüren", sagte Halbleib. "Es ist dringend an der Zeit, dass die Koalition Klarheit schafft." Der Vorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, sagte: "Das Märchen vom ausgeglichenen Haushalt in Bayern geht offensichtlich dem Ende entgegen. Die CSU-Alleinregierung hinterlässt zerrüttete Staatsfinanzen, und leider wird es nicht damit getan sein, den Gürtel bei Kommunen und Bürgern enger zu schnallen."

Claudia Stamm, haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, sprach von einem "Armutszeugnis" der Regierung: "CSU und FDP müssen endlich reinen Tisch machen."

© SZ vom 15.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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