Justiz:Strafbefehl für den Patriarchen

Lesezeit: 2 min

Auch wenn es kein Verfahren gegebn wird - Ignaz Walter wird wegen Veruntreuung von Firmenvermögen zur Rechenschaft gezogen.

Klaus Ott und Stefan Mayr

Es wäre eines der spektakulärsten Gerichtsverfahren in Augsburg geworden, mit einem einstmals führenden Industriellen in Deutschland auf der Angeklagebank sowie prominenten Zeugen aus Politik und Wirtschaft. Doch der Gang zur Justiz bleibt dem ehemaligen Bauunternehmer Ignaz Walter erspart.

Der ehemalige Bauunternehmer Ignaz Walter. (Foto: Foto: ddp)

Zahlen muss der Patriarch jetzt aber trotzdem, nachdem seine Unternehmensgruppe Anfang 2005 pleite gegangen ist und hinterher einige ungewöhnliche Geldflüsse und Transaktionen entdeckt wurden. Das Amtsgericht Augsburg erließ vor kurzem einen Strafbefehl gegen Walter, der seit dieser Woche rechtskräftig ist.

Wegen der Veruntreuung von Firmenvermögen erhielt der 72-jährige ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung; außerdem muss er 500.000 Euro an 20 gemeinnützige Einrichtungen überweisen.

Das ist allerdings nicht alles. Der Insolvenzverwalter der einstigen Walter Bau AG, der Neu-Ulmer Wirtschaftsprüfer Werner Schneider, hat bereits eine Million Euro von dem Patriarchen für die Gläubiger kassiert. Schneider verlangt noch mehr Geld. Walter soll zusätzlich circa fünf Millionen Euro berappen. Der Insolvenzverwalter hält dem Ex-Bauunternehmer seit Jahren vor, bis zur Pleite seines Konzerns recht freizügig mit dem Kapital der AG umgegangen zu sein.

Einige tausend Mark Startkapital

Walter habe zu seinem eigenen Vorteil und zum Nachteil der Baugruppe und der dortigen Mitinhaber gehandelt, zu denen die Bayerische Landesbank zählte, lautet Schneiders Vorwurf. Bei seinen restlichen Forderungen will sich der Insolvenzverwalter auf keinen Vergleich einlassen, sondern die Sache durchfechten, "notfalls bis zu einem Urteil". Vielleicht muss Walter doch noch vor Gericht erscheinen.

Der gebürtige Augsburger hatte sich nach seiner Maurerlehre und anschließendem Studium mit einigen tausend Mark Startkapital selbständig gemacht und über Jahrzehnte hinweg einen der größten Baukonzerne in Deutschland geschaffen. Der eigenwillige Konzernherr traf sich in seiner Heimatstadt mit lokalen Größen am Stammtisch, er hatte viel Einfluss auf die Kommunalpolitik, pflegte beste Kontakte zur Landes- und Bundesregierung und stand dem Bauindustrieverband vor.

Nach der Pleite zog sich Walter zurück. Wegen der Ermittlungen gegen ihn und einer Millionen-Klage von Insolvenzverwalter Schneider geriet der Patriarch aber wiederholt in die Schlagzeilen.

Die Staatsanwaltschaft wirft Walter vor, in der 1990er Jahren Teile seines privat genutzten Gutshofes in Augsburg-Siebenbrunn als Schulungsräume an die Walter Bau AG vermietet haben. Doch bis zur Insolvenz des Konzern habe dort angeblich keine einzige Schulung stattgefunden. Allerdings sollen prominente Besucher geladen gewesen sein, so Bundeskanzler Gerhard Schröder und Ministerpräsident Edmund Stoiber. Sie hätten in einem Prozess womöglich als Zeugen aussagen müssen.

Die Ermittler beziffern den Schaden auf 311.000 Euro. Walters Anwalt Wolf-Rüdiger Bub widerspricht. "Es ist kein Schaden entstanden." Empfänge und andere Veranstaltungen hätten stattgefunden. Außerdem sei der Mietvertrag damals durchaus vom Aufsichtsrat der AG behandelt worden. Leider sei das nicht im Protokoll festgehalten worden.

Weitere Vorwürfe fallen gelassen

"Mein Mandant machte den Fehler, den Mietvertrag nicht beweisbar vom Aufsichtsrat genehmigen zu lassen." Dem Kompromiss mit der Staatsanwaltschaft "haben wir nur zugestimmt, weil wir Herrn Walter und anderen hochrangigen Personen des öffentlichen Lebens eine Ladung vor das Gericht ersparen wollten", sagt Bub.

Weitere Vorwürfe gegen Walter soll die Staatsanwaltschaft inzwischen fallen gelassen haben. Ursprünglich hatte sie ihm vorgehalten, in seiner Privatvilla an der Côte d'Azur Firmenpersonal als Gärtner und für andere persönliche Dienste eingesetzt zu haben. Dem Konzern sei so ein Schaden in Höhe von 460.000 Euro entstanden, hieß es damals. Das spielte in dem Strafbefehl jetzt keine Rolle mehr.

Walters Anwalt Bub ist zuversichtlich, auch den größten Teil der Vorwürfe von Insolvenzverwalter Schneider bald vom Tisch zu haben. Schneider hatte den Bauunternehmer auf 14 Millionen Euro verklagt. In drei Vergleichen habe man sich bislang auf Zahlungen in Höhe von einer Million Euro geeinigt, sagt Bub. Darunter einige 100.000 Euro für Bilder, die der AG gehörten, aber in Walters Gutshof hängen.

Das seien "Leihgaben" des Konzerns gewesen, sagt Bub. Man habe dem Insolvenzverwalter angeboten, die Gemälde zurückzugeben, das sei abgelehnt worden, also habe Walter die Bilder gekauft.Die restliche Forderung über fünf Millionen Euro nennt Bub eine "Illusion".

© SZ vom 22.11.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: