Juristische Debatte um Pferdeskulptur:Kunst oder Gerümpel

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Streit um Pferdeskulptur erneut vor Gericht: Künstler Babis Panagiotidis mit einem Poster von "Hedon is (my) Trojaner". (Foto: dpa)

Wie viel kann ein Pferd aus 18.000 Computertasten wert sein? Mit dieser Frage müssen sich Nürnberger Gerichte seit vier Jahren beschäftigen. Ein Künstler stellte seine Skulptur in eine Garage eines Freundes, der Vermieter brachte sie auf den Wertstoffhof. Nun soll ein Gutachter den Streit schlichten.

Von Katja Auer

Die Frage, was Kunst ist oder doch nur Gerümpel, wird nicht nur in Galerien mit moderner Kunst intensiv diskutiert. Seit nunmehr vier Jahren müssen sich auch die Nürnberger Gerichte damit beschäftigen - doch nun ist möglicherweise ein Ende in Sicht. Und damit auch eine Antwort auf die Frage, wie viel ein Pferd aus Computertasten wert sein kann.

Mittelpunkt der juristischen Kunstdebatte ist das Werk "Hedon is (my) Trojaner" des Nürnberger Künstlers Babis Panagiotidis. Das ist - oder besser: es war - die überlebensgroße Skulptur eines Pferdes, zusammengebaut aus 18.000 Computertasten. 2,40 Meter hoch und 2,90 Meter breit. Das Tier brauchte viel Platz, deswegen stellte es Panagiotidis in der Garage eines Freundes unter. Jener allerdings bezahlte die Miete nicht und der Besitzer räumte die Garage kurzerhand aus. Samt Hedon. Sein Sohn zerlegte die Skulptur mit der Kettensäge und brachte die Überreste zum Wertstoffhof.

Zu Unrecht, wie sich zeigte, der Rentner hätte die Garage nicht eigenmächtig ausräumen dürfen, urteilte das Gericht 2011. Eine sogenannte "kalte Räumung" ist nicht rechtens, er hätte den Gerichtsvollzieher einschalten müssen. 73.500 Euro Schadenersatz sollte der Garagenbesitzer an den Künstler zahlen, das war dem Rentner aber eindeutig zu viel. Man dürfe nicht den Materialwert und die Arbeitszeit zugrunde legen, sondern allenfalls den möglichen Verkaufspreis. Und der liege ganz bestimmt nicht höher als 5000 Euro. Ein Vergleich zwischen den Parteien scheiterte, weil sich die Haftpflichtversicherung des Vermieters nicht beteiligen wollte.

Also wurde weiter über den Wert von Hedon gestritten - mit sehr unterschiedlichen Meinungen. Gar auf 100.000 Euro taxierte das Werk ein Galerist, der das Tastatur-Pferd Ende 2009 in Fürth ausgestellt hatte. Wenngleich er einräumen musste, dass er selbst keinen Käufer an der Hand gehabt habe, der das Werk zu diesem Preis hätte erstehen wollen. Aber Interessenten habe es durchaus gegeben, und der Preis sei realistisch. Die Skulptur war 2009 mit dem Kunstpreis der Nürnberger Nachrichten ausgezeichnet und danach noch mehrmals gezeigt worden. Gerade als es in einer Galerie in Berlin am Brandenburger Tor ausgestellt werden sollte, war es nicht mehr da.

Schließlich bestellte das Oberlandesgericht selbst einen Gutachter. Und der wird den Künstler am Freitag arg enttäuscht haben. Auf 23.500 Euro schätzte er das Pferd. Das ergebe sich aus einem Vergleich der Figur mit ähnlichen Kunstwerken. Damit hat der Gutachter regelmäßig zu tun, das Gericht beauftragte mit der Einschätzung Frank Matthias Kammel, den Leiter der Skulpturenabteilung des Germanischen Nationalmuseums. Nun steht also eine neue Zahl im Raum. Der Künstler und der Garagenbesitzer haben jetzt bis Ende August Zeit, sich doch noch außergerichtlich zu einigen.

© SZ vom 05.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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