Joditz:Ein Dichter, der nervt

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Das Jean-Paul-Museum in Joditz ist ein ganz wunderbares Privatmuseum - aber derzeit geschlossen. (Foto: Reinhard Feldrapp)

Das Werk Jean Pauls wird kaum gelesen, aber umfassend erforscht

Von Olaf Przybilla, Joditz

Wie es weitergeht in Joditz? Ehrlich gesagt, man weiß es momentan nicht. Dem Gründer eines der, jawohl, wunderbarsten Privatmuseen der Republik, Eberhard Schmidt, geht es sehr schlecht in diesen Tagen. Das Jubeljahr Jean Pauls 2013 habe ihrem Mann viel Ehre eingebracht, sagt Karin Schmidt. Aber es habe ihn auch sehr viel Kraft gekostet. Womöglich so viel, dass er jetzt erst mal nicht mehr kann.

Es gibt - da ist sich die Jean-Paul-Gemeinde in etwa einig - nur einen rechtmäßigen Stellvertreter Jean Pauls auf Erden: Eberhard Schmidt. Klingt nach einer steilen These, kann man aber relativ gut überprüfen, weil die Gemeinde der Jean-Paul-Kenner übersichtlich ist und immer übersichtlich war. Die Würzburger Universität, die den Dichter und Goethe-Zeitgenossen wie kaum eine andere durchleuchtet, hat das aus Anlass seines 250. Geburtstages mal auf einen Begriff gebracht: "Ein Dichter, der nervt", formulierten die Paul-Forscher. Und die müssen es wissen.

Und haben es sogar noch gut gemeint. Weniger Wohlmeinende sagen dem Dichter nach, er sei monomanisch veranlagt gewesen. Seine 40 000 überlieferten Kritzelseiten seien der blanke Horror für Freunde einer Ordnung, seine Texte enzyklopädisch ausufernd, stilistisch inkohärent und literarhistorisch höchstens im Nirwana zu verorten. Die Paul-Gemeinde wiederum grinst auf solche Vorhaltungen und pariert: eben. Deshalb ist er ja so großartig.

Die Hofer sagen: Paul war ein Bayreuth-Hasser. Die Bayreuther sagen: Ein Hof-Hasser war er. Aber als 2013 in Oberfranken alle mitbekamen, dass dieser Dichter wenn schon nicht gelesen, so doch bis in die kleinste Lebensregung erforscht wird, machte sich Stolz breit. Ein kluger Mann merkte an: Die Oberfranken sind ein in Teilregionen zerfallenes Völkchen. Aber ein Gemeinsames haben sie doch: Jean Paul. Der war fast überall mal in Oberfranken.

In Joditz auch. Der Bankenerbe und bekennende Bankenhasser Schmidt betreibt dort sein Paul-Museum, normalerweise ruft man vorher an und wird dann herzlich willkommen geheißen und bewirtet. Derzeit aber geht das eben nicht. Hinfahren und von außen anschauen aber geht immer. Klingt zwar durchgeknallt. Aber das passt ja zu Jean Paul.

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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