Helfer im Kampf gegen Ebola:"Mir ist bewusst, dass das riskant ist"

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Wolfgang Schön findet Motorradfahren gefährlicher als seinen Einsatz im Ebola-Krisengebiet: Der 36-Jährige fliegt als freiwilliger Helfer nach Westafrika. Ein Gespräch über Ängste, Risiken und die Frage nach dem Testament.

Von Dietrich Mittler

Wolfgang Schön gehört zu jenen 65 Helfern, die das Deutsche Rote Kreuz unter 1350 Interessen für den Einsatz gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika ausgewählt hat. Der 36-Jährige, der in München einen Umzugsdienst für Senioren betreibt, ist seit seinem 15. Lebensjahr ehrenamtlich im Bayerischen Roten Kreuz (BRK) tätig. Noch weiß er nicht, ob sein Einsatzgebiet in Liberia oder in Sierra Leone liegt. An diesem Mittwoch zieht ein Erkundungsteam los, um die Konditionen zu klären.

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SZ: Im Kampf gegen Ebola haben sich bereits mehrere Helfer infiziert, einige sind sogar gestorben. Haben Sie Angst?

Sagen wir mal so: Ich bin nicht ohne Sorge. Mir ist bewusst, dass das riskant ist.

Wie begegnen Sie diesem Risiko?

Wir sind jetzt in Würzburg umfangreich geschult worden. Aber wie erfolgreich wir uns dann im Einsatz schützen, das liegt zum großen Teil bei uns selbst.

Welche Regeln sollte man unbedingt beachten, um heil nach Hause zu kommen?

Körperkontakt mit potenziell Infizierten unbedingt vermeiden! Keine Gegenstände aus dem Behandlungsbereich mitnehmen! "Was drin ist, bleibt drin", heißt es. Und ganz wichtig: die Desinfektion.

Wie nahe werden Sie an Erkrankte herankommen?

Ich bin Techniker, Wasseraufbereiter, arbeite nicht im medizinischen Bereich mit den Erkrankten. Aber es könnte sein, dass ich im Dead-Body-Management tätig werden muss - also in unmittelbarer Nähe zu den Verstorbenen.

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Das hört sich grausig an.

Das ist grausig. Mit Fortdauer der Krankheit steigt bei Ebola-Patienten die Keimlast. Bei Verstorbenen ist sie extrem hoch. Deswegen sind Beerdigungen, vor denen die Angehörigen die Verstorbenen waschen, extrem gefährlich.

Wie also sieht im Falle einer Ebola-Epidemie das Dead-Body-Management aus?

Da gibt es ein klares Prozedere: Ein Leichnam muss desinfiziert werden, muss im Leichensack beerdigt werden.

Deckt sich das mit den Riten der Bevölkerung? Angehörige wollen doch sicherlich den Verstorbenen noch einmal sehen.

Das wird auch weiterhin möglich sein. Ebola ist eine Krankheit, bei der die Infektion nicht über die Atemwege läuft. Der Erreger tritt über die Körperflüssigkeiten aus. Insofern besteht die Möglichkeit, dass der verstorbene Patient hinter einer doppelten Zaunreihe aufgebahrt wird, so dass sich die Angehörigen verabschieden können. Überhaupt gilt, die Versorgungseinrichtung transparent zu gestalten. Würden wir uns einmauern, könnten irgendwelche Gerüchte entstehen, dass da drinnen irgendwas Schlimmes, irgendwas Böses passiert.

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Sie sind einer der 65 Helfer, die unter den 1350 Interessenten für diesen Einsatz ausgewählt wurden. Was qualifiziert Sie?

Seit meinem 15. Lebensjahr habe ich beim BRK zahlreiche Ausbildungen durchlaufen, so auch als Techniker. Ich war dann nach dem Erdbeben 2010 in Haiti, habe dort das Hospital in Carrefour mit aufgebaut und war erneut dabei, als die Cholera-Epidemie bekämpft werden musste.

Welche charakterlichen Stärken muss ein Kriseneinsatz-Helfer mitbringen?

Man muss sich zusammennehmen, darf nicht hektisch werden. Man sollte versuchen, den Überblick zu bewahren und extrem auf seinen Nebenmann zu achten, dass der gut geschützt ist. Und: Man braucht eine robuste Gesundheit sowie ein robustes Gemüt, das es einem hoffentlich gestattet, mit der Situation umzugehen.

Was sagt eigentlich Ihre Familie zu diesem Einsatz?

Die finden das nicht so geil. Es hieß: "Bist du dir sicher, dass das gut ist für dich?"

Und? Ist es gut für Sie?

Als erfahrener Katastrophenhelfer empfinde ich das als besondere Herausforderung. Und es ist ein tolles Gefühl, wenn das eigene Engagement zum Überleben anderer unmittelbar beiträgt.

Was ist, wenn Sie sich selbst infizieren?

In der Hinsicht bin ich nicht so panisch, dass ich denke: "Wenn ich das habe, bin ich gleich tot." Einige Helfer, darunter Ärzte, sind tatsächlich an Ebola erkrankt. Die wurden repatriiert und haben mehrheitlich überlebt. Ich bin relativ jung und in einer guten körperlichen Konstitution.

Macht man eigentlich vor einem solchen Einsatz sein Testament?

Klar, das macht man vor jedem dieser Einsätze. Aber meine ehrliche Meinung: Motorradfahren ist gefährlicher.

© SZ vom 08.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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