Gesetzentwurf:Kfz-Steuer für Straßenausbau

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Freie Wähler wollen Anlieger bei Erneuerung entlasten

Von Lisa Schnell, München/Dinkelscherben

Fast 40 Jahre wohnt Rita Maier, 62, in ihrem Haus in der Quellenstraße im schwäbischen Dinkelscherben. Hier wegzugehen wäre für sie "undenkbar". Doch Maier hat sich schon auf einen Umzug eingestellt. Ihre Straße soll erneuert werden, die Gemeinde hat das Recht, Anlieger an den Kosten zu beteiligen. Mindestens 50 000 Euro müsste sie dann wohl bezahlen, hat sie ausgerechnet. Bei 800 Euro Rente im Monat. Ihr Haus müsste sie verkaufen.

Es sind Fälle wie dieser, die bei Hauseigentümern Empörung auslösen. Eine Empörung, die von den Freien Wählern (FW) im beginnenden Landtagswahlkampf gehört wird. Am Montag legte FW-Chef Hubert Aiwanger einen Gesetzentwurf vor, der die Straßenausbaubeitragssatzung abschaffen soll. Die sei nicht nur ein Wortungetüm, sondern unfair und ein erheblicher Verwaltungsaufwand. Derzeit können Gemeinden bis zu 80 Prozent der Kosten für eine Straßenerneuerung auf die Anlieger umlegen, manchmal Summen im fünfstelligen Bereich. Um dies zu vermeiden, kann seit 2016 ein neues System angewendet werden: Dabei wird errechnet, wie viel die Straßenerneuerung in einem bestimmten Gebiet kosten wird, und auf alle Hausbesitzer in diesem Gebiet umgelegt. Nicht nur auf die direkten Anwohner. Auf den Einzelnen sollen so nicht mehr als 400 Euro im Jahr zukommen. Bis jetzt wendet laut Innenministerium aber nur eine Gemeinde die Regelung an.

Dieser haben 2016 die FW zugestimmt. Hin- und hergerissen sei er gewesen zwischen den Interessen der Hausbesitzer und der Kommunen, sagte Aiwanger. Jetzt meint er einen Ausweg gefunden zu haben. Die Kommunen sollen das Geld vom Freistaat bekommen. Statt 52,5 Prozent der Kfz-Steuer soll es für sie nun 75 Prozent geben, laut FW-Berechnungen 280 Millionen Euro, weit mehr als für die Straßenerneuerung nötig seien. Wie man Autofahrern erklärt, dass sie nun zahlen sollen? Schließlich profitierten ja nicht nur die Anlieger, sondern alle, sagte Aiwanger. Er kündigte ein Volksbegehren an, falls der Landtag dem Gesetz diese Woche nicht zustimmt. CSU, SPD und Grüne lehnen den Entwurf ab. Die Allgemeinheit dürfe nicht für die Straßenausbauten von Villenbesitzern zahlen, sagt Klaus Adelt (SPD). Wer profitiere, müsse auch mitzahlen, sagt Jürgen Mistol (Grüne). Härtefälle sollten aber vermieden werden. Der Innenminister arbeitet gerade an einem Vorschlag. Der FW-Entwurf aber sei reine "Klientelpolitik", sagt Florian Herrmann (CSU). Rita Maier zumindest will 2018 FW wählen.

© SZ vom 28.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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