Gabriele Pauli:Die Stehauffrau

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Der Weg Gabriele Paulis von der CSU-Rebellin zur Spitzenkandidatin der Freien Wähler für die Europawahl.

Katja Auer

"Ich sage Ja" ruft Gabriele Pauli in die Halle. Sie hat sich ganz bewusst den politischen Aschermittwoch der Freien Wähler in der Deggendorfer Stadthalle ausgesucht, um ihre Bereitschaft zur Spitzenkandidatur für die Europawahl zu erklären. Die 500 Zuhörer im Saal jubeln, Pauli im dunkelblauen Dirndl strahlt. "Das war sehr befreiend", sagt sie später über den Zuspruch.

Gabriele Pauli ist bereit: Sie will zur Europawahl antreten. Für die Freien Wähler. (Foto: Foto: dpa)

Rückblende: "Pauli raus" skandierten Tausende CSU-Anhänger vor zwei Jahren bei der Aschermittwochskundgebung in der Passauer Dreiländerhalle. Die Fürther Landrätin, deren Vorwurf, Ministerpräsident Edmund Stoiber habe sie bespitzeln lassen, wesentlich zum späteren Sturz des Regierungschefs beigetragen hat, wird als Hexe und noch viel derber beschimpft. "Wo der Teufel seine Macht verspielt hat, schickt er ein Weib", hatte einer auf sein Plakat geschrieben. Unter Polizeischutz wurde Pauli schließlich aus der Halle geführt.

Damals war die Frau, die 18 Jahre lang erfolgreich aber unauffällig den Landkreis Fürth führte, als unerschrockene Königsmörderin der CSU bundesweit bekannt geworden. Von etlichen in der Partei, deren Landesvorstand sie 18 Jahre lang angehörte, wurde sie heimlich bewundert. Viele waren ihr dankbar, dass sie es gewagt hatte, Stoiber die Stirn zu bieten und gegen den zuletzt immer autokratischer regierenden Ministerpräsidenten aufzubegehren.

Richtige Unterstützung aus der Partei hatte sie aber nie. Als sie ihren frischen Ruhm zu schillernden Medienauftritten nutzte, war Pauli in der CSU endgültig isoliert. Sie war Gast in unzähligen Fernsehshows, ließ sich in Latex-Handschuhen fotografieren und für die Bunte nackt in eine Bayernfahne einwickeln. Der Absturz der CSU-Rebellin im öffentlichen Ansehen erfolgte ebenso schnell wie ihr Aufstieg.

Doch Gabriele Pauli wollte weiterhin nach ganz oben, sie wollte gar CSU-Vorsitzende werden. Mit ihrer Forderung, die Ehe auf sieben Jahre zu befristen, manövrierte sie sich jedoch endgültig ins Abseits. Ihre Kandidatur versandete auf dem CSU-Parteitag bei ein paar wenigen Ja-Stimmen. Im November 2007 verließ Pauli nach 30 Jahren die CSU. Es wurde still um die Landrätin, die ankündigte, bei der Kommunalwahl 2008 nicht mehr für dieses Amt zu kandidieren.

Im Juni 2008 trat sie dann - zum Schrecken vieler CSU-Funktionäre - den Freien Wählern bei. Sie bewarb sich um ein Landtagsmandat und holte prompt das beste Zweitstimmenergebnis in Mittelfranken. Mit 35 515 Stimmen wurde sie von Platz acht auf eins vorgewählt. Bei öffentlichen Auftritten kommt Pauli mittlerweile wieder sehr gut an. Es ist eine Mischung aus Neugierde und echter Zustimmung, die ihr bei Veranstaltungen entgegenschlägt. Im Gästebuch auf ihrer Internetseite wird sie noch immer für ihren Mut vor CSU-Thronen gelobt. Bei den Freien Wählern hat sich Pauli trotz der anfänglichen Skepsis von Landeschef Hubert Aiwanger etabliert. Im Landtag wurde sie Vorsitzende des Innenausschusses.

Jetzt also Europa. Am Samstag wird Gabriele Pauli zur Spitzenkandidatin gekürt werden und sie glaubt fest daran, dass es die Parteifreien im ersten Anlauf ins Europaparlament schaffen werden. "Die Leute sind sehr mitgegangen, auch außerhalb Bayerns", sagt sie. Ihre politischen Aussagen sind vage wie eh und je. Doch eines beherrscht sie: Mit der Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung treibt sie ihre Zuhörer jedes Mal zu Begeisterungsstürmen.

© SZ vom 27.2.2009/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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