Franz Müntefering:Krachendes Comeback in München

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Franz Müntefering ist zurück: In Bayern zeigt sich der ehemalige SPD-Chef pünktlich zum Wahlkampf kampfeslustig und nennt die CSU-Spitze "Waschlappen".

Jan Bielicki

Der ehemalige SPD-Parteichef und Vizekanzler Franz Müntefering lässt die Frage nach seiner künftigen Rolle in der Partei weiter offen. Bei seinem ersten großen öffentlichen Auftritt nach seinem Rückzug aus dem Bundeskabinett vor neun Monaten ging der 68-Jährige am Mittwochabend in München mit keinem Wort auf Spekulationen um seine politische Zukunft ein.

Hoffnungsträger: Der ehemalige Vizekanzler Franz Müntefering bei seiner Rede im Münchner Hofbräukeller. (Foto: Foto: dpa)

Auch den innerparteilich heiß umstrittenen Plan, unter Tolerierung der Linkspartei in Hessen eine rot-grüne Landesregierung zu bilden, erwähnte Müntefering nicht. Er griff aber die Linkspartei an. Sie verspreche "das Paradies auf Erden", sagte er. "Die irren sich auch."

"Wer führen will, muss auch bereit sein, die Fahne zu tragen", beschwor der Ex-SPD-Chef die etwa 500 Zuhörer im überfüllten Saal des Hofbräukellers. Und: "Wir brauchen Politiker, die Wort halten."

Doch Müntefering bezog diese Worte nicht auf den Führungsstil von Parteichef Kurt Beck oder die Koalitionspläne der hessischen SPD-Vorsitzenden Andrea Ypsilanti. Er ging damit auf die CSU und deren Spitzenduo Erwin Huber und Günther Beckstein los.

Diese "Waschlappen" hätten in Berlin der Senkung der Pendlerpauschale, dem Gesundheitsfonds und Mindestlöhnen zugestimmt, hätten nun aber "Angst vor Verantwortung, Angst vor dem Regieren". Bayern könne aber keine "Angsthasen" gebrauchen.

Entschieden verteidigte Müntefering die Sozialreformen der Agenda 2010 gegen Kritik aus der eigenen Partei. "Das ist etwas, auf das wir stolz sein können", sagte er. Die Sozialdemokraten hätten damit erreicht, dass die Arbeitslosigkeit in den vergangenen zwei Jahren stark zurückgegangen sei.

"Wir dürfen uns nicht genieren, dass wir eine gute Sache gemacht haben", forderte er seine Parteifreunde zu Zuversicht auf. Die SPD wolle soziale Gerechtigkeit auf hohem Niveau. "Ökonomie und Soziales gehören zusammen." Mehrere SPD-Linke hatten zuvor eine Kehrtwende in der Steuer- und Sozialpolitik gefordert und die Unruhe in der Partei noch erhöht. Die SPD müsse aber auch Streit aushalten können - "wenn man sich danach wieder zusammensetzt und ein Bier trinkt", sagte Müntefering.

Im vergangenen November hatte Müntefering seine Ämter als Bundesarbeitsminister und Vizekanzler niedergelegt, um seine todkranke Frau in ihren letzten Lebensmonaten zu begleiten. Ankepetra Müntefering ist vor gut einem Monat gestorben. Der 68-Jährige gehörte jedoch weiter dem Bundestag an.

Im Blitzlichtgewitter der Fotografen und unter minutenlangem Beifall war Müntefering neben dem bayerischen SPD-Spitzenkandidaten Franz Maget in den Hofbräukeller eingezogen. Allein 140 Medienvertreter hatten sich für diesen Auftritt im bayerischen Landtags-Wahlkampf angemeldet.

"So viele hatten wir hier noch nie", freute sich Maget. Eigentlich hatten die Münchner Sozialdemokraten darauf gehofft, mit dem einstigen Arbeitsminister ihr Wahlkampfthema Mindestlohn in den Vordergrund rücken zu können. Aber das, so sagte die Münchner SPD-Wahlkampfleiterin Claudia Tausend, "war, bevor uns der ganze Rummel überrollt hat".

Maget dankte Müntefering "für das, was du alles für die deutsche Sozialdemokratie geleistet hast". Zuvor hatte er in mehreren Fernsehinterviews die besondere Rolle Münteferings für die SPD herausgestellt. Dessen Wort habe auch ohne Amt Gewicht, erklärte Maget, "und ich würde ihm zutrauen, die politische Mitte, das Zentrum meiner Partei zu stärken. Und das wiederum halte ich für das Gebot der Stunde."

Allerdings ließ auch Maget die Frage offen, ob Müntefering ein führendes Amt in der SPD übernehmen solle. Das Zentrum der SPD müsse stark sein, sagte er, "und da kann Franz Müntefering durchaus dazu gehören, egal, ob mit einer herausgehobenen Funktion oder einfach nur als ehemaliger Vizekanzler und Parteivorsitzender".

CSU-Chef Erwin Huber zeigte sich indes überrascht vom großen Medieninteresse an Müntefering. "Ich verstehe den ganzen Rummel um Müntefering nicht, und ich sehe auch nicht, dass die SPD-Führung mit ihm was anfangen kann", sagte er. Er könne sich die Diskussion um Müntefering nur mit dem Wunsch der Sozialdemokraten nach Stabilisierung erklären. Doch eine Rückkehr zur Macht in der SPD sehe er nicht: "Müntefering ist politisch gescheitert in der SPD."

© SZ vom 04.09.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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