Fraktionschef Joachim Herrmann:Der Panzerkreuzer der CSU

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Das letzte Jahr war für den CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann besonders schwer. Die meisten seiner Probleme hat vor allem einem zu verdanken: Edmund Stoiber.

Katja Auer und Kassian Stroh

Einmal noch, ein letztes Mal, gab Joachim Herrmann den Diener seines Ministerpräsidenten. Am 17. Juli, als Edmund Stoiber im Landtag sein Zukunftsprogramm "Bayern 2020" vorlegte, da führte der CSU-Fraktionschef Stoibers heftige Schelte gegen die Opposition fort, sagte, die SPD befinde sich im Tal der Tränen, und attestierte den Grünen Realitätsverlust.

Edmund Stoiber hat es seinem Fraktionschef Joachim Herrmann im vergangenen Jahr nicht immer leicht gemacht. Doch der Franke lässt sich nicht aus der Bahn werfen. (Foto: Foto: dpa)

Mit Attacken auf den Gegner lassen sich die eigenen Reihen noch immer am besten schließen. Und so sang Herrmann das Lied, das Stoiber bei seiner Abschiedsvorstellung angestimmt hatte - auch wenn das eine ungeliebte Rolle ist für ihn, der kein Polterer ist und auch keiner sein will. Ein letzter Loyalitäts-Dienst für Stoiber? Oder vermied Herrmann mit der Kritik an der Opposition geschickt den Stoiber-Hymnus, den er sonst hätte intonieren müssen?

Das würde nicht überraschen, denn Herrmann hat das schwierigste Jahr als Politiker hinter sich - und dies hat er vor allem Stoiber zu verdanken. Bei der Fraktionsklausur in Kreuth im Januar war es Herrmann, der den Laden zusammenhalten musste.

Die Frage, ob oder wie lange Stoiber noch zu halten sei, wer ihm nachfolgen könnte und wer eben nicht, spaltete die Fraktion. Herrmann musste moderieren und hinnehmen, dass er in der Außenwirkung nicht die beste Figur abgab. Er gab Erklärungen ab, die anderntags überholt waren. Musste sich von Stoiber mehrmals brüskieren lassen. Und auch nach dessen Rückzugsankündigung stets betonen, dass die Fraktion zum Ministerpräsidenten stehe.

Kritik wurde laut, Herrmann sei zu schwach, habe Stoiber zu wenig entgegengesetzt. Heute sagt Alois Glück, der Amtsvorgänger des Franken: "Ich wüsste nicht, wer aus der Fraktion das besser gemacht hätte."

Die Kreuther Chaostage

Joachim Herrmann ertrug das Durcheinander so stoisch, wie er immer erscheint. "Panzerkreuzer Potemkin" nennen sie ihn in der CSU - einer, der schon allein ob seiner 1,89-Meter-Statur manches wegwalzt und an dem vieles abprallt.

Das kam ihm zugute, denn Herrmann musste viel einstecken von Stoiber. Schon bevor im Dezember Gabriele Pauli mit ihren Spitzelvorwürfen die Krise offen ausbrechen ließ, war die Beziehung der beiden merklich abgekühlt. In Stoibers Umgebung galt Herrmann als gefährlich und potentieller Königsmörder.

Dann kamen die Kreuther Chaostage, die Querelen um den Zeitplan von Stoibers Rückzug, um die Nominierung Günther Becksteins als Nachfolger, um "Bayern 2020" - das alles machte die Lage nicht einfacher. Herrmann lavierte, war teils ungeschickt, teils der Getriebene des wechselhaften Stoibers.

Wenn Herrmann heute gefragt wird, ob der neunmonatige Rückzug nicht zu lange dauert, antwortet er unerschütterlich, es sei nun einmal so, wie es sei. Einer seiner Lieblingssätze. Dabei ist unverkennbar, dass auch er das Ende herbeisehnt.

Die Fraktion setzt auf Herrmann

Inzwischen, so bestätigt er, sei das Verhältnis zu Stoiber wieder ganz gut. Nach dem nahezu einhelligen Votum für Beckstein als Nachfolger, scheint auch die Geschlossenheit der Fraktion wiederhergestellt. Und Herrmann hat sich halbwegs gelassen in den Sommerurlaub verabschiedet.

Denn seine Zukunft scheint gesichert: Vieles deutet derzeit darauf hin, dass er Fraktionschef bleibt. Das scheint auch der Wunsch der Fraktion zu sein. Zwar wird Erwin Huber, sollte er CSU-Chef werden, gedrängt, das Kabinett zu verlassen, um ohne Kabinettsdisziplin agieren zu können - er aber soll Herrmann zugesichert haben, ihm das Amt nicht streitig zu machen.

Das gleiche gilt für den zweiten möglichen Kandidaten: Kultusminister Siegfried Schneider. Und Herrmann sagt, in der Abwägung zwischen Fraktionsvorsitz und einem Posten im Kabinett habe er ein "leichtes Prä" für ersteres.

Dabei gilt als sicher, dass er ins Kabinett könnte, wenn er will. Als Nachfolger Günther Becksteins im Innenministerium zum Beispiel. Dahinter steht die Kernfrage zu Herrmanns Zukunft: Keiner zweifelt daran, dass er einmal Regierungschef werden möchte. Aber hat er die bessere Ausgangsposition als Minister oder als Fraktionschef?

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Noch nie wurde ein Fraktionschef direkt Ministerpräsident. Dafür waren Beckstein, Stoiber und Alfons Goppel zuvor Innenminister.

Groß und stark wie Balu der Bär

nd aufsteigen will auch Kultusminister Schneider. Seit dieser Chef des mächtigsten CSU-Bezirks, der Oberbayern, ist, wird in der Partei registriert, dass sich Schneider zunehmend zu allen möglichen Themen öffentlich äußert. Prompt begab sich Herrmann jüngst auf das Feld der Schulpolitik und geriet mit Schneider aneinander: Binnen Tagen stritten sie über ein Zentralabitur und eine Verkürzung der Ferien. Ein Vorgeschmack auf künftige Auseinandersetzungen?

Schließlich gibt es in der Oberbayern-CSU viele, die einen fränkischen Nachfolger des fränkischen Ministerpräsidenten Beckstein verhindern wollen. Dann wäre Herrmann seine Moderatoren-Rolle in Kreuth doch noch zum Nachteil geraten.

"Balu der Bär" wird Herrmann in der CSU auch genannt. Groß, stark, mit dickem Fell, immer gut gelaunt. Irgendwie gemütlich-behäbig, eher ausgleichend und abwägend als zuspitzend, worüber vor allem junge CSU-Karrieristen gerne lästern. Ein Mann für ganz oben? Bislang sind Herrmann seine Ämter zugeflogen - in Zukunft wird er kämpfen müssen.

© SZ vom 21.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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