Fischach:Der Milch-Milliardär neigt das Haupt

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Umstritten, umtriebig und sehr erfolgreich: Der Milch-Milliardär Theo Müller ist jetzt Ehrenbürger der schwäbischen Marktgemeinde Fischach. (Foto: Sabine Reiter/oh)

Die schwäbische Marktgemeinde ernennt den streitbaren Unternehmer Theo Müller zum Ehrenbürger

Von Stefan Mayr, Fischach

Jeder kennt ihn und seinen kahlen Charakterschädel. Alle sind nur seinetwegen gekommen. Dennoch stellt sich der Mann des Tages jedem Gast persönlich mit Handschlag vor: "Grüß Gott, Müller", sagt er mit dem typischen R, das hier ganz besondern prächtig rollt in den Stauden, wie man den Landstrich südwestlich hinter Augsburg nennt. Theobald Müller, der umtriebige und umstrittene Chef des Molkerei-Konzerns Müller-Milch, zeigt sich an diesem Samstag überhaupt überraschend demütig. So verbeugt er sich - mutmaßlich zum allerersten Mal in seinen 75 Lebensjahren - vor einem SPD-Politiker. "Ja, jetzt müssen sie ausnahmsweise ihr Haupt neigen", scherzt Peter Ziegelmeier, der Bürgermeister der Marktgemeinde Fischach, als er dem Milch-Milliardär die Ehrenbürgerwürde mitsamt Medaille verleiht.

Die Stimmung ist ausgelassen im Verwaltungsbau der "Unternehmensgruppe Theo Müller GmbH & Co. KGaA". Im intimen Kreis von 80 Ehrengästen wird viel gelacht. Auch und vor allem bei Müllers Rede, die eine 40-minütige Mischung aus Powerpoint-Präsentation und Anekdoten-Sammlung ist.

Aber zuvor wird Müllers Lebenswerk gewürdigt, das durchaus beeindruckend ist: 1971 übernahm er im Ortsteil Aretsried die Molkerei, die sein Großvater 1896 gegründet hat. Die Firma hatte damals vier Mitarbeiter. Heute, 44 Jahre später, sind es mehr als 20 000 Beschäftigte - bei einem Jahresumsatz von etwa fünf Milliarden Euro. Allein in Aretsried sind 1200 Menschen angestellt, dabei hat das Dorf nur 300 Einwohner. "Ihre Lebensleistung hat den Aufschwung unserer Gemeinde erst ermöglicht", sagt der Bürgermeister. Einen Teil seines Konzerns hat Müller zwar nach Luxemburg verlagert und er selbst wohnt inzwischen in Zürich - beides, um Steuern zu vermeiden. Dennoch habe er den Stammsitz des Unternehmens immer in Aretsried belassen. "Alleine dieses Bekenntnis in einer strukturschwachen und ländlich geprägten Region, die wir früher waren, rechtfertigt die Ehrenbürgerwürde." Ob Müller überhaupt Gewerbesteuer zahlt? "Und wie", sagt der Bürgermeister. Die genaue Summe nennt er zwar nicht. Aber er verrät, dass seine Gemeinde mit fünf Millionen Euro Gewerbesteuer die "steuerstärkste Gemeinde" im Landkreis Augsburg ist. Ziegelmeier verhehlt nicht, dass Müller und er ab und an aneinanderrauschen. "Sie immer mit Ihren Genehmigungen!", soll der expansionsfreudige Firmenboss einmal gerufen haben, zum Bauen brauche man "koi Genehmigung - sondern a Geld und a Wies."

Theo Müller selbst räumt ein, nicht immer strikt alle Regeln befolgt zu haben. "In der Buttermilchsaison war die Arbeitszeitverordnung bei uns net immer ganz vorne dran", beichtet er in Richtung Wirtschafts-Staatssekretär Franz Pschierer, "aber meine fleißigen Mitarbeiter waren stolz drauf." Müller spart auch nicht mit Kritik an der Politik: "Mit Wind kann man keinen Strom machen", tönt er, "und mit Ökoblödelei kann man keine sieben Milliarden Menschen ernähren." Pschierer nimmt die deftigen Worte seines Parteifreundes gelassen zur Kenntnis: "Familienunternehmer mit Ecken und Kanten sind mir lieber als aalglatte Manager."

Das Manager-Magazin schätzt Müllers Vermögen auf 2,6 Milliarden Euro und ordnet ihn auf Platz 50 der reichsten Deutschen ein. Sein Umzug ins Steuerparadies brachte ihm viel Kritik ein. Medien bezeichneten ihn als "Fiskalflüchtling" oder "Steuerasylant". Er selbst sagt beim Festakt: "Mir blieb gar nichts anderes übrig als wegzuziehen." Und: "Ich gebe gerne zu, im Zentrum meines Bemühens steht der Profit." Er zeigt eine Folie seines Firmengeflechts und erzählt: "Wer mich fragt, ob ich das Konstrukt verstehe, dem sage ich, ich bemühe mich." Es sei nun mal nötig, "um möglichst wenig gerupft davonzukommen".

Andererseits zeigt sich Müller bodenständig: Mit seiner Theo-Müller-Stiftung unterstützt er die Blasmusik in Bayern und in Sachsen, wo er ebenfalls mit Werken präsent ist. Bereits 600 000 Euro hat er in die Stiftung gesteckt. Weil die Zinseinnahmen im Tief sind, legt er jetzt noch einen Batzen Geld drauf: Ab sofort überweist seine Firma zusätzlich 50 000 Euro an die Stiftung. Pro Jahr. 25 Jahre lang. Eine Summe, die Müller bei der Übergabe des symbolischen Schecks so interpretiert: "Da könnt ihr eine neue Trompet' kaufen."

© SZ vom 11.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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