Energiepolitik:Siemens soll bei Bau eines neuen Gaskraftwerks mitmischen

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Gaskraftwerke wie in Irsching können auf Unregelmäßigkeiten im Stromnetz schnell reagieren. (Foto: Michaela Rehle/RTR)

Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm bestätigen Kooperation mit Münchner Konzern bei ihrem Vorhaben auf dem ehemaligen Fliegerhorst im schwäbischen Leipheim

Von S. Mayr, C. Sebald, München/Leipheim

Zwar stehen derzeit praktisch alle Gaskraftwerke in Bayern still. Denn der Strom, den sie produzieren, ist so teuer, dass es keinen Abnehmer dafür gibt. Dennoch treiben die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU), ein Tochterunternehmen der Städte Ulm und Neu-Ulm, ihre Pläne für den Bau eines neuen Gaskraftwerks auf dem ehemaligen Fliegerhorst im schwäbischen Leipheim voran. Nun haben sie einen mächtigen Partner gewonnen: Der Münchner Weltkonzern Siemens ist Gesellschafter der Gaskraftwerk Leipheim GmbH & Co. KG geworden, welche die SWU im Mai 2014 gegründet haben.

Seit 2011 planen die SWU ein Kraftwerk auf dem aufgelassenen Flugplatz. Jetzt soll Siemens mitmischen. Der Einstieg des Konzerns in die Gaskraftwerk GmbH wurde am 13. April beim Bundeskartellamt genehmigt. Wie groß der Siemens-Anteil ist, blieb unklar. Ein SWU-Sprecher bestätigte die Kooperation nur allgemein. Siemens äußerte sich nicht.

Bisher hatte die SWU davon gesprochen, weitere kommunale Unternehmen für das 900-Millionen-Projekt ins Boot holen zu wollen. Dabei war stets von einem Kraftwerk mit 1200 Megawatt Leistung und 50 Arbeitsplätzen die Rede. Ob das Gaskraftwerk wirklich kommt, bleibt trotz der neuen Kooperation offen. Branchenkenner sprechen davon, dass sich die SWU und Siemens mit der Zusammenarbeit vor allem die Option dafür offen halten wollen. Außerdem ist nur noch die Rede von einem abgespeckten 600-Megawatt-Modell.

Gaskraftwerke haben einen großen Vorteil und einen großen Nachteil. Der Vorteil: Sie können die Stromproduktion so schnell anfahren und drosseln, dass sie auf jede Unregelmäßigkeit im Netz reagieren können. Damit sind sie die perfekten Reservekraftwerke für die Zeiten, in denen Windräder und Solarkollektoren ausfallen. Ihr Nachteil: Strom aus Gasturbinen ist sehr teuer. Die reinen Produktionskosten betragen 4,5 bis 5,5 Cent je Kilowattstunde. An der Leipziger Strombörse kostet die Kilowattstunde Strom aber nur gut zwei Cent. Der Grund ist der Überfluss an Öko-Strom. Deshalb sind so gut wie alle Gaskraftwerke stillgelegt worden. Nur einige wenige sind in der Wärmeproduktion im Einsatz.

Die Staatsregierung indes ist der Überzeugung, dass die Energiewende ohne den Bau neuer Reserve-Gaskraftwerke nicht gelingen wird. Deshalb hat Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im Juli 2015 die Zusage abgerungen, dass die große Koalition den Bau einiger neuer Anlagen via Gesetz ermöglichen wird. Derzeit berät der Bundestag über den Gesetzesentwurf, er soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Der Kernpunkt: Die Investoren sollen künftig dafür bezahlt werden, dass sie ihre Anlage als Kraftwerksreserve zur Verfügung stellen und nicht mehr für den Strom, den sie produzieren. Bis es aber so weit ist, ist auch nach Verabschiedung des Gesetzes noch ein weiter Weg. Bis Mitte November 2016 sollen die Netzbetreiber möglichst exakt den Bedarf an neuen Reservekraftwerken ermitteln, die vom Winter 2021/2022 an zur Verfügung stehen sollen. Danach muss die Bundesnetzagentur dem Ganzen ihr Plazet geben. Erst im Frühjahr 2017 soll der Bau der neuen Kraftwerke ausgeschrieben werden. Nach dem Bieterverfahren wird entschieden, welcher Investor mit welchem Projektzum Zuge kommt.

Also wird frühestens 2017 klar werden, ob die SWU und Siemens das Gaskraftwerk in Leipheim jemals bauen werden. "Alles andere ist Vorgeplänkel", sagt ein Insider, "SWU und Siemens wollen ihren Anspruch untermauern." Dem Vernehmen nach sind sie nicht die einzigen Investoren, die ein Gaskraftwerk in Bayern bauen wollen - wenn der Bund dafür sorgt, dass es sich rechnet.

© SZ vom 19.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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