Drogen-Affäre bei der Polizei:"Die Kollegen geraten jetzt unter Generalverdacht"

Lesezeit: 2 min

In seinem Spind sollen 1,5 Kilo Kokain entdeckt worden sein: Bereits vor einer Woche ist ein Kemptener Chef-Fahnder verhaftet worden, doch das bayerische Innenministerium schweigt. Nun wird Kritik laut.

Von Stefan Mayr

Die Affäre um den festgenommenen Leiter der Kemptener Drogenfahndung zieht weitere Kreise. Die Grünen haben für die Sitzung des Landtags-Innenausschusses am Mittwoch kurzfristig einen Bericht von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) beantragt. Zudem kritisiert die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) das Innenministerium scharf. "Es kann nicht sein, dass sich das Ministerium zu diesem Fall überhaupt nicht äußert", sagt der DPolG-Landesvorsitzende Hermann Benker. "Leider hat das Ministerium zu solchen Einzelfällen immer noch kein funktionierendes Krisenmanagement."

Bereits vor einer Woche ist der Leiter der Drogenfahndung im Allgäuer Polizeipräsidium wegen Besitzes von Rauschgift verhaftet worden. In seinem Spind sollen 1,5 Kilogramm Kokain entdeckt worden sein. Der 52-Jährige sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Wie er in den Besitz des Rauschgifts kam und ob er mit den Drogen gehandelt hat, ist nach wie vor unklar.

Die Ermittlungen führt die Staatsanwaltschaft München I zusammen mit dem bayerischen Landeskriminalamt. Die Staatsanwaltschaft bestätigt bislang lediglich, dass gegen einen Polizeibeamten wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt wird. Weitere Angaben machten die Behörden trotz Anfragen nicht. Auch Innenminister Herrmann schwieg. Hierfür hat DPolG-Mann Benker kein Verständnis: "Wenn es bei solchen Vorwürfen keine Informationen gibt, dann kocht die Gerüchteküche hoch, das fällt auf alle Kollegen zurück und ist absolut falsch."

Benker fordert zumindest Aufklärung über die Frage, woher der Verdächtigte das Kokain hatte. "Es ist eigentlich absolut undenkbar, dass eine solche Menge Drogen aus einer Beschlagnahmung im Schrank eines Beamten landet", sagt Benker. Solche Mengen würden in der Regel nach dem Vier-Augen-Prinzip bearbeitet und in Absprache mit der Staatsanwaltschaft untersucht. Benker: "Nach einer Woche kann ich erwarten, dass geklärt ist, woher der Mann das Kokain hatte."

Er räumt ein, dass "natürlich keine Einzelheiten über die Ermittlungen" verraten werden können, "aber es gibt sicherlich genügend Möglichkeiten, wenigstens ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen". Dies sei auch im Sinne aller Polizisten aus dem Umfeld des festgenommenen Beamten: "Die Kollegen geraten jetzt unter Generalverdacht." Benker fordert "unbedingt eine interne Aufklärung": "Die Betroffenen brauchen jetzt Informationen zum Beispiel über eine Dienstversammlung."

Die Stimmung in der bayerischen Polizei seit Bekanntwerden der Affäre bezeichnet Benker als "ganz fatal", vor allem im Kemptener Präsidium herrsche "großes Entsetzen". Der Schaden für die Kollegen im Allgäu sei "noch gar nicht abschätzbar". Die Landtags-Grünen fordern von Innenminister Herrmann, die Aufklärung der Vorgänge "zur Chefsache" zu machen. In der Sitzung des Innenausschusses am Mittwoch will die innenpolitische Sprecherin Katharina Schulze von Herrmann wissen, "ob in der Behörde und beim Ministerium Frühwarn-Mechanismen versagt haben".

Schulze: "Wenn es jetzt heißt, dass bei früheren Razzien auffällig wenig Belastungsmaterial gefunden wurde, frage ich mich, warum man dem nicht eher auf den Grund gegangen ist."

© SZ vom 25.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: