Die Mittelschicht:2040 Euro

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Wie ein Ehepaar gerade noch so über die Runden kommt

Von Theresa Parstorfer

Anton Stocker* ist 77 Jahre alt. Davon hat er 41 Jahre lang in die deutsche Rentenkasse eingezahlt. Er ist gebürtiger Österreicher und gelernter Gärtnergeselle. 1963 zog er nach Deutschland und arbeitete in acht verschiedenen Gärtnereibetrieben und bei mehreren Blumenlieferanten. Die 1300 Euro staatliche Rente, die er dafür erhält, plus die 350 Euro, die seine Frau ausgezahlt bekommt, reichen kaum. Betriebsrente bekommt Stocker keine und eine staatliche geförderte Riester-Rente hat er nie abgeschlossen. 90 Euro monatlich bekommt er aus Österreich überwiesen, für die Zeit, die er dort gearbeitet hat. "Das reicht für einen Einkauf", sagt Stocker.

Mit 63 Jahren ging Stocker in Rente. Damals stand er in seinem Lieferwagen - zwischen Weihnachtssternen und Glücksklee - und brach zusammen. Blinddarmdurchbruch, Blutvergiftung, Nierenversagen. Nach drei Monaten Krankenhaus und Reha hätte er gerne weitergearbeitet, konnte aber nur noch Geringverdiener-Jobs finden. Zehn Jahre lang übernahm er Hausmeisterdienste, heute mistet er für 300 Euro im Monat den Stall eines kleinen Reitbetriebs aus und füttert die Tiere. Einmal in der Früh und einmal am Abend.

Er und seine Frau, die vier Töchter großgezogen hat und nur hin und wieder putzen gegangen ist, wohnen in einer Wohnung, in einem Ort in Oberbayern. Aus der alten Wohnung etwas näher bei München musste das Ehepaar raus. Die Miete war zu teuer geworden. Jetzt zahlen die beiden monatlich 900 Euro. "Mit Telefon, Auto und Lebensmitteln kann man ja ausrechnen, was da übrig bleibt", sagt Stocker: nichts. Die 300 Euro, die er zusätzlich für die Stallarbeit bekommt, "sind 300 Euro, die ich sonst nicht hätte", sagt er.

Seine Töchter können ihm nicht helfen. "Die haben selbst Kinder und nicht die bestbezahltesten Jobs", sagt Stocker. Gerne würde er weiterhin den Stall ausmisten. Doch bald wird der Vertrag auslaufen, denn mit fast 80 ist Stocker dem Arbeitgeber zu alt. Wie es dann finanziell weitergehen soll, das weiß er nicht. Erst einmal das Auto verkaufen. "Das geht dann halt nicht mehr", sagt er.

© SZ vom 08.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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