Demo gegen Asylpolitik:"Kennen Sie ihre eigenen Bruchbuden nicht?"

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Hunderte Demonstranten fordern in München eine menschenwürdigere Asylpolitik. (Foto: Robert Haas)

Gegen Sturheit, für Würde: Hunderte Menschen haben in München gegen die Asylpolitik des Freistaats protestiert - und teils schwere Vorwürfe gegen die Staatsregierung erhoben. Auch die Flüchtlinge selbst kamen zu Wort.

Von Viola Bernlocher, München

Sie wollen die "asylpolitische Sturheit" der Landesregierung beenden und gehen dafür auf die Straße: Vor dem bayerischen Innenministerium in München haben am Dienstagabend etwa 700 Menschen gegen die aus ihrer Sicht menschenunwürdige Flüchtlingspolitik des Freistaats demonstriert.

Junge Münchner, Alte und auch viele Asylbewerber sind dem Aufruf des Bayerischen Flüchtlingsrats gefolgt. Auch Parteien zeigen Flagge, die Fahnen der Grünen, der Linken und der SPD-Jugendorganisation Jusos flattern im Abendwind, als Matthias Weinzierl vom Flüchtlingsrat über Lautsprecher seine Kritik an die dicken Mauern des Ministeriums hallen lässt. "Frau Müller, kennen Sie ihre eigenen Bruchbuden nicht?", greift er Sozialministerin Emilia Müller wegen der chaotischen Zustände bei der Unterbringung von Flüchtlingen an. "Ist das ihre Vorstellung von Würde?"

Schwere Vorwürfe gegen Regierung

Schon lange fordert der Flüchtlingsrat die Aufhebung der Lagerpflicht, die Asylbewerber dazu verpflichtet, in Gemeinschaftsunterkünften oder Aufnahmeeinrichtungen zu wohnen. "Viele Menschen leben jahrelang in Lagern, obwohl sie Freunde und Familie hier haben, die sie gerne aufnehmen würden", sagt Weinzierl. Doch stattdessen würden die Erstaufnahmeeinrichtungen "überquellen".

Es sei Zeit für eine Willkommenskultur. Aktivistin Patricia K. von der Karawane München - ihren vollen Namen will sie nicht in der Zeitung lesen - wirft der Regierung vor, versagt zu haben. Die Verantwortlichen hätten auf einen Eklat hingearbeitet, obwohl die Lage bekannt gewesen sei.

Hoffnung auf ein normales Leben

Als zwei junge Syrer, die derzeit auf dem Olympiagelände untergebracht sind, sprechen, klingen die Pfiffe und Parolen ab, die Menge lauscht. "Wir haben Stress wegen des Bürgerkriegs in Syrien, jetzt sind wir in Deutschland und haben immer noch Stress."

Adeel kritisiert, dass sowohl Familien als auch Frauen und Männer in einem Raum schlafen müssten und kaum Privatsphäre herrsche. "Wir hoffen, dass alle das Recht bekommen, in Deutschland wie normale Menschen zu leben." Applaus brandet auf, hinauf bis zu einigen hell erleuchteten Fenstern des Ministeriums. Wieder und wieder rufen die Demonstranten: "Say it loud, say it clear, refugees are welcome here!"

© SZ vom 05.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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