CSU stellt Wahlprogramm vor:Die Kampfgemeinschaft

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Um die absolute Mehrheit der CSU zu sichern, setzen Huber und Beckstein auf zwei Themen: Pendlerpauschale und Atomausstieg - und verpassen Edmund Stoiber eine verbale Ohrfeige.

Birgit Kruse, München

Dass die Vorstandsitzung der CSU ein Erfolg für das Führungstandem war, ist nicht zu übersehen. Lachend und scherzend betreten Parteichef Erwin Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein an diesem Nachmittag die Lobby der Hanns-Seidel-Stiftung. Mit im Gepäck: Das Regierungsprogramm. Das Programm also, mit dem die gebeutelte CSU im September ihr selbstgestecktes Ziel von 50 Prozent plus X erreichen will. Das Programm, mit dem die Christsozialen aber auch deutlich machen wollen, dass sie mehr sind, als die kleine Schwester der CDU.

Wenn es um die Pendlerpauschale geht, kennt Parteichef Erwin Huber keine Gnade mit der Schwesterpartei in Berlin. (Foto: Foto: ddp)

Kein Wunder also, dass Hubers Rhetorik an diesem Tag besonders von einem Wort geprägt wird: Kampf. So werde sich die CSU als "Kampfgemeinschaft" präsentieren und die "kämpferische Auseinandersetzung" suchen. Wohl nicht nur gegen die Opposition in Bayern, sondern auch den Kampf um die Durchsetzung bundespolitischer Ziele.

Das Regierungsprogramm "Für ein starkes Bayern" ist noch ganz warm von zahlreichen Kopieren, als Beckstein ans Rednerpult tritt, um die Schwerpunkte zu präsentieren, mit denen die CSU die absolute Mehrheit im Freistaat sichern will. Eben erst hat der Parteivorstand die Vorschläge des Ministerpräsidenten einstimmig angenommen.

Becksteins Dreiklang

So setzt Beckstein auf den Dreiklang aus Wirtschaft, Bildung und Verantwortung für kommende Generationen. Um Bayerns Spitzenstellung als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort auszubauen, will Beckstein vor allem Forschung, Innovation und Unternehmen fördern. "Denn nur so bleibt Bayern Gewinner der Globalisierung." Klar auch, dass das Hubers Steuerkonzept "Mehr netto für alle" hier nicht fehlen darf.

In der Bildungspolitik setzt der Ministerpräsident auf ein System "mit optimalen Aufstiegschancen für alle, unabhängig der sozialen Herkunft". Auch wenn in dem Konzept der Ausbau der Ganztagsschulen und die Stärkung vorschulischen Bildung steht. Zu lesen ist auch, dass der Freistaat am dreigliedrigen Schulsystem festhalten wird.

Familien will die CSU von sich überzeugen, indem sie Kindergeld und Kinderfreibeträge anheben will und mittelfristig ein kostenfreies Kindergartenjahr einführen will.

Nur keine hessische Hängepartie

Und auch in der Sicherheitspolitik bleibt sich die CSU treu. So tritt Beckstein, der in seiner Zeit als Innenminister für seinen harten Kurs berüchtigt war, für Online-Durchsuchung und Videoüberwachung ein. "Hervorragende Voraussetzungen" also, um die Wahl zu gewinnen, findet Beckstein. Denn eines wollen die Wähler sicherlich nicht: Eine Hängepartie wie in Hessen.

Nur eine Frage lässt das Programm offen - eine, die in der der Partei immer wieder Spekulationen aufflackern lässt. Wird Beckstein also doch nicht den Stab in der Halbzeit an einen Nachfolger abgeben? Der Ministerpräsident selbst will die gesamte Legislaturperiode an der Spitze des Freistaates stehen - unter drei Bedingungen: Wenn die Gesundheit es erlaube, die Wähler der Partei gewogen bleiben und wenn die Partei ihm vertraut.

"Das ist übrigens für jeden die Voraussetzung, wie wir in der letzten Legislaturperiode erfahren haben", fügt er hinzu - sicherlich nicht ohne dabei an seinen Amtsvorgänger Edmund Stoiber zu denken, der quasi über Nacht von der Fraktion vom Thron gestoßen wurde.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welches Thema Erwin Huber besonders elektrisiert und wie Beckstein und Huber Seitenhiebe gegen SPD und Linke austeilen.

Doch nicht nur der ehemalige CSU-Ministerpräsident ist verbal von dem Duo abgestraft worden. Auch die Opposition hat an diesem Nachmittag einen Vorgeschmack darauf bekommen, was die CSU unter "Kampfgemeinschaft" versteht.

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Merkel sei auch in Zeiten, in denen es inhaltliche Differenzenzwischen den Unionsparteien gebe, "eine Lokomotive und nicht ein Bremsblock" wie Kurt Beck bei der SPD, wettert Beckstein. Und Huber, der als CSU-Chef den bundespolitischen Anspruch der Partei in Berlin vertreten muss, legt nach: "Die SPD ist nach zehn Jahren ausgelaugt und zerstritten" - eine Fortsetzung der großen Koalition nach 2009 für den CSU-Chef undenkbar.

Und auch die Linkspartei, die aktuellen Umfragen zufolge in Bayern derzeit auf fünf Prozent der Stimmen kommen würde, attackiert Huber scharf. Man werde "einen harten politischen Kampf gegen die Linke führen und den Linkspopulismus entlarven", verspricht er.

Bundespolitischer Anspruch der Partei

Dabei soll auch das Regierungsprogramm helfen, ein Programm, mit dem die CSU Wahlen gewinnen will. Aber auch ein Programm, das erneut den bundespolitischen Anspruch der CSU deutlich macht. Etwa beim aktuellen Streitthema in der großen Koalition: dem Ausstieg vom Atomausstieg. Jeder, der im September sein Kreuz bei der CSU macht, weiß: Er wählt eine Partei, die sich für die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken ausspricht. "Wir setzen uns für die Verlängerung der Laufzeit unserer sicheren Kernkraftwerke ein, die derzeit über 60 Prozent zur bayerischen Stromerzeugung beitragen", ist in dem Programm zu lesen.

Die Laufzeiten müssten sich an der Sicherheit orientieren und nicht "an der Ideologie von Rot-Grün", sagte Huber. Eine Debatte über einen möglichen Neubau von Kernkraftwerken nannte Huber aber überflüssig. Dies stehe gerade nicht zur Diskussion.

Beckstein räumte ein, vor der Landtagswahl müsse die CSU um jede Stimme kämpfen. Es gebe keinen automatischen "Übertrag" von der Wahl 2003. Damals hatte die CSU unter Edmund Stoiber ein Rekordergebnis von 60,7 Prozent der Stimmen geholt.

Und auch bei der Pendlerpauschale weiß die CSU, was sie will: Die Konfrontation mit der Kanzlerin - vielleicht ja schon auf dem Parteitag am kommenden Wochenende in Nürnberg. So ist es auch das Stichwort Pendlerpauschale, das Huber wieder elektrisiert. Während sein Tandempartner nämlich im Stakkato durch die 31 Seiten seines Programms rast, starrt Huber mit heruntergezogenen Mundwinkeln ins Leere. Doch bei seinem Lieblingsthema huscht sofort wieder ein verschmitztes Lächeln über sein Gesicht.

Nur weil Merkel in dieser Frage mit der CSU im Clinch liege, werde man das Thema keinesfalls aussparen. "Wir wollen das Thema Pendlerpauschale nicht ausschließen", sagt er und fügt mit einem breiten Grinsen hinzu: "Wir machen ja keinen heimlichen Parteitag."

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