CSU nominiert Seehofer:Glanzloser Neuanfang

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Es war ein Tag der Siege für den neu gewählten CSU-Vorsitzenden Seehofer. Auch Georg Schmid kann sich freuen - ein strahlender Neuanfang sieht jedoch anders aus.

Birgit Kruse

Horst Seehofer wirkt zufrieden, als er kurz vor 13 Uhr in den Hof des Bayerischen Landtags kommt. Er lächelt entspannt in die Kameras, spricht so leise in die Mikros, dass man ihn fast nicht mehr verstehen kann, und spricht über seine Befindlichkeiten. "Freude und Anspannung halten sich die Waage", schildert er seine Verfassung.

"Freude und Anspannung halten sich die Waage" - Horst Seehofer im bayerischen Landtag. (Foto: Foto: ddp)

Die erste Freude durfte er an diesem Tag schon erleben. In der Vorstandssitzung der CSU. Bereits am Morgen sprachen sich die Teilnehmer in der Parteizentrale in der Nymphenburger Straße für den Ingolstädter aus. Einstimmig. Da ging es um den Posten des Parteichefs, zu dem Seehofer Ende des Monats auf einem Sonderparteitag gewählt werden soll. Die erste Hürde des Tages wäre genommen.

Die Anspannung, von der er spricht, bezieht sich wohl auf die Sitzung der CSU-Fraktion, die wenige Minuten nach seinem Eintreffen im Landtag beginnen soll. Denn auch hier steht Seehofer zu Wahl: als Ministerpräsident.

Auch wenn sich in der vergangen Woche die meisten Bezirksverbände hinter den 59-Jährigen als Beckstein-Nachfolger gestellt hatten. In der Fraktion kommt die Idee, wieder beide Spitzenämter in einer Person zu vereinen, nicht bei allen gut an. "Der Parteichef gehört nach Berlin", sagt ein Abgeordneter im Vorfeld der Sitzung. "Ein Ministerpräsident hat alle Hände hier zu tun."

Doch die Mehrheit der Fraktion sieht das anders. Sie beschert Seehofer den zweiten Sieg an diesem Tag, wählt ihn zu ihrem Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten. Wenn auch mit der geballten Faust in der Tasche. Während Seehofer gerade an der Basis gut ankommt, ist er in Fraktion durchaus umstritten. Von den 92 Abgeordneten stimmen 76 für den Ingolstädter, zehn mit nein, die restlichen sechs Abgeordneten enthalten sich. Das ist ein Ergebnis von 82,6 Prozent. Nicht gerade berauschend für jemanden, der die gebeutelte und zerüttete Partei in eine sicherere Zukunft führen soll.

Denn es warten schwierige Aufgaben auf ihn. Zum einen muss er die in sich zerstrittene Partei wieder vereinen. Nur geschlossen ist die CSU stark, das weiß auch Seehofer. Zum anderen muss er es schaffen, die CSU sicher durch das Superwahljahr 2009 zu manöverieren. Nur wenn die Partei auch weiterhin auf Bundes- und Europaebene vertreten ist, ist gewährleistet, dass sie nicht zur bedeutungslosen Regionalpartei verkommt.

Und dann noch die Frage, mit welchem Koalitionspartner die CSU in die Legislatur ziehen soll. Mehrere Stunden hat die Fraktion hinter verschlossenen Türen über diese Frage diskutiert. Das Ergebnis: Man wolle sowohl mit den Freien Wählern als auch mit der FDP Gespräche führen - wie bereits geschehen. Doch die Präferenz scheint klar: die FDP.

Vielleicht hilft ihm bei der Lösung all der Mammutaufgaben ja der neue Führungsstil, den Seehofer bereits vor seiner Nominierung durch die CSU-Fraktion angekündigt hat. "Basta wird es nicht geben", sagte er vor Beginn der Vorstandssitzung. "Befehl und Gehorsam wird es nicht geben." Er wolle eine "lebendige, frische Volkspartei".

Das Führungstandem Beckstein und Huber zeigte sich erleichtert darüber, dass es in der Fraktion nicht zu einer Kampfabstimmung über das Amt des Ministerpräsidenten gekommen ist. Noch-Ministerpräsident Günther Beckstein ermunterte Seehofer, in Berlin energisch Positionen der CSU zu vertreten - auch wenn ihm klar sei: "Nicht einmal Horst Seehofer hat die Fähigkeit der Bilokalität."

Und Wissenschaftsminister Thomas Goppel, der erst gestern gemeinsam mit seinem Mitstreiter Joachim Herrmann die Kandidatur zurückgezogen hatte, lächelt schon wieder und ist zu kleinen Scherzen aufgelegt. Auf die Frage, wie es ihm nach dem Rückzug von der Kandidatur gehe, öffnet er sein Jackett, deutet auf seine Achseln und antwortet: "Keine Schweißflecken," sagte er. In die Seehofer-Hände werde die Partei ihr "ganzes Vertrauen für die nächsten Jahre legen," betont er und schiebt hinterher: "Wenn es bei der CSU immer so gehen würde oder gegangen wäre, dann wären wir eine super Partei", sagt er.

Die Meinung von der Super-Partei, die Goppel noch vor der Sitzung so gelobt hat, wird einer an diesem Nachmittag sicherlich nicht teilen: CSU-Fraktionschef Georg Schmid. Zwar ist er erneut von den Abgeordneten in seinem Amt bestätigt worden. Von dem Traumergebnis im letzten Jahr, als ihn die Fraktion mit 98,6 Prozent zu ihrem Chef gewählt hatte, ist er jedoch weit entfernt. Mit 72 Ja- und 17 Nein-Stimmen kommt er diesmal lediglich auf 78,3 Prozent der Stimmen.

Ein strahlender und kraftvoller Neuanfang sieht anders aus.

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