CSU in der Krise:Freunde in der Not

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In der CSU geht die Angst um. Die Angst davor, bei der Landtagswahl die absolute Mehrheit zu verlieren. Nicht alle verfallen gleich in Panik. Einige schmieden bereits neue Bündnisse. Erste Vorboten neuer Machtkonstellationen?

Peter Fahrenholz

Nicht immer muss es ein wirklicher Streit sein, wenn in einer Partei eine Personaldiskussion aufbricht. Manchmal ist der Grund viel elementarer: Angst. So wie in der CSU. Die bayerische Christenunion wird seit den herben Verlusten bei den Kommunalwahlen vor vier Wochen von der Angst umgetrieben, im Herbst bei der Landtagswahl ihre absolute Mehrheit zu verlieren, die außerhalb Bayerns immer wie gottgegeben wirkt.

Aus politischen Gegnern werden in Krisenzeiten Freunde: Horst Seehofer (links) und Markus Söder (Foto: Foto: Seybold Press)

Das wäre mehr als nur eine normale Niederlage - es wäre dann vorbei mit dem Sonderstatus der CSU. Einer Regionalpartei, die in Berlin wegen ihrer einzigartigen Erfolge immer den Anspruch erheben konnte, eigentlich eine Bundespartei zu sein.

"Im Moment", beschreibt ein Abgeordneter die Stimmung in der Landtagsfraktion, dem Machtzentrum der Partei, "haben alle Angst, wie es mit ihnen weitergeht." Vor den Kommunalwahlen seien Kollegen, die lieber als Landräte in ihrer Heimatregion kandidiert hätten, noch belächelt worden. Jetzt werden die, die es geschafft haben, von den anderen beneidet. Weil sie ihr Schäfchen im Trockenen haben.

Viele in der CSU rechnen inzwischen damit, dass im Herbst nicht nur die FDP, sondern auch die Freien Wähler den Sprung in den Landtag schaffen. 30, vielleicht 40 der heute 124 CSU-Mandate könnten dann weg sein.

Die Angst gebiert aber nicht nur Panikreaktionen. Manche Politiker haben einen Instinkt, sie wittern eine heraufziehende Katastrophe und versuchen, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Und so hat denn auch die aktuelle Tatarenmeldung von Bild, wonach ein Putsch gegen das glücklose Führungstandem Erwin Huber und Günther Beckstein vorbereitet werde, hinter dem der ehemalige CSU-Chef Edmund Stoiber, CSU-Vize Horst Seehofer und der ehrgeizige Europaminister und Ex-Generalsekretär Markus Söder steckten, viele Facetten.

Natürlich wurde sofort allseits heftig dementiert. "Völliger Unsinn", wetterte Söder, "bösartiger Schmarrn" assistierte Seehofer. Er selber stehe "voll" hinter Beckstein und Huber, beteuerte Söder und ordnete die Berichte als Aktion von "Heckenschützen" ein, die der CSU schaden wollten. Wobei aus alter Tradition die Heckenschützen, über die sich die CSU in solchen Situationen immer beklagt, stets aus der eigenen Partei kommen.

Natürlich gibt es keine konkreten Putschpläne. Zwar liegen die Nerven in der CSU ziemlich blank, aber die Not ist noch nicht so groß, dass ein Sturz des Führungsduos die einzige Möglichkeit wäre, die Ruhe wiederherzustellen. Im Gegenteil: Wer im Moment Umsturzpläne vorantreiben würde, liefe Gefahr, selbst zum nächsten Opfer zu werden, wenn die Landtagswahl nämlich trotzdem verloren würde.

Politischer Honeymoon

Interessant ist aber schon, wie in der CSU gerade alte Fronten begradigt werden, sozusagen als Vorboten möglicher neuer Machtkonstellationen. Ein Beispiel ist die schwierige, um nicht zu sagen zerrüttete Beziehung zwischen Seehofer und Söder, zwischen denen plötzlich eine Art politischer Honeymoon ausgebrochen zu sein scheint.

Noch während der Monate des Duells um die Stoiber-Nachfolge vor einem Jahr hatte Söder keine Gelegenheit ausgelassen, um gegen den Kandidaten Seehofer zu sticheln, während andererseits Seehofer keinen Zweifel daran ließ, dass seine erste Maßnahme als CSU-Chef die Ablösung des Generalsekretärs Söder sein würde.

Heute beschreibt Söder sein Verhältnis zu Seehofer als "vernünftig". Die Herren sollen sich in ihrer Abneigung gegen die neue CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer nähergekommen sein, von der beide nicht viel halten.

Ansonsten ist für die Entspannung aber weniger der Emotionshaushalt ausschlaggebend als vielmehr rationales Machtkalkül. Seehofers Ambitionen auf den Parteivorsitz gelten als ungebrochen, auch wenn er sie so geschickt auf kleiner Flamme köcheln lässt, dass ihm niemand einen Vorwurf machen kann. Sollte Seehofer tatsächlich noch zum Zuge kommen, könnte er nicht einfach reinen Tisch machen, sondern müsste auf Leute mit Zukunft setzen - Leute wie Söder.

Söder wiederum, der mit seinen 41Jahren noch viele Jahre in der Politik vor sich hat, ist mit einem wachen Instinkt ausgestattet. Besser ist es, schon von Anfang an am richtigen Ufer sein, statt erst mühsam hinüberzuschwimmen, wenn es dort etwas zu holen gibt.

© SZ vom 04.04.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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:Pleiten und Pannen in der CSU

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