CSU im Umfragetief:Zittern um die Zukunft

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Ein schwarzer Tag für die Schwarzen: Zehn Tage vor der Landtagswahl und vor dem TV-Duell zwischen Beckstein und Maget rutscht die CSU in Bayern in einer Umfrage erneut unter die magische Marke von 50 Prozent. Jetzt steht die Einzigartigkeit der Partei auf dem Spiel.

Birgit Kruse

Der Albtraum von Ministerpräsident Günther Beckstein ist wahr geworden. Eigentlich wollte der 64-Jährige um jeden Preis eine Zitterpartie wenige Tage vor der Landtagswahl vermeiden. Von Umfrageergebnissen, die hinter den selbst gesteckten 50 Prozent noch ein möglichst großes "plus X" aufweisen, haben Beckstein und sein Tandempartner, CSU-Chef Erwin Huber, stets geträumt.

Ministerpräsident Günther Beckstein: Ein Wahlergebnis von 50 Prozent minus X würde ihn vermutlich sein Amt kosten. (Foto: Foto: ddp)

Doch dieser Traum rückt momentan für beide in weite Ferne: Laut einer aktuellen Umfrage für die ARD-Tagesthemen würden nur noch 47 Prozent der Wähler ihr Kreuz bei der CSU machen. Außerdem wünschen sich nur noch 38 Prozent der Bayern weiter eine Alleinregierung der Partei. 54 Prozent der Befragten wünschen sich laut Umfrage eine andere Konstellation.

Da ist es sicherlich nur ein schwacher Trost, dass eine andere aktuelle Umfrage die Partei bei genau 50 Prozent sieht. Denn zum Umfragedebakel kommt ein zweites Landesbank-Debakel hinzu, das die Partei zehn Tage vor der Landtagswahl zusätzlich in Bedrängnis bringt.

Wie die Süddeutsche Zeitung aus Finanzkreisen erfuhr, drohen der BayernLB wegen des Zusammenbruchs der Investmentbank Lehman Brothers Ausfälle in dreistelliger Millionenhöhe. Dass Parteichef Huber Vize des Verwaltungsrates ist, macht die Sache für die CSU besonders pikant.

CSU ohne Plan B

Damit müssen Beckstein und sein Kofrater Huber eineinhalb Wochen vor dem Wahlsonntag mehr zittern als bisher. Da nützt es auch nichts, dass Beckstein "felsenfest" davon überzeugt ist, dass sie nicht unter die 50-Prozent-Marke rutschen werden. Und es hilft erst recht nicht, wenn Parteichef Huber deutlich macht, dass es keine Plan B für den Fall gebe, dass die CSU die absolute Stimmenmehrheit verliere.

Sicher könnte die CSU auch mit 49 Prozent unangefochten weiterregieren. Sogar bei einem Wahlergebnis von 47 Prozent wäre den Christsozialen wohl noch die absolute Mehrheit der Parlamentssitze im Landtag sicher.

Einzigartigkeit in Gefahr

Doch für die Partei steht mehr auf dem Spiel: Es geht sowohl um das Selbstverständnis als auch um ihre Einzigartigkeit - in zweierlei Hinsicht.

Zum einen geht es um den bundespolitischen Einfluss. Die CSU ist die einzige regionale Partei in Deutschland, die auf Bundesebene mitspielt, die als kleinster Partner Teil der großen Koalition in Berlin ist. Von diesem Image lebt die CSU.

Sie wirbt bei jeder Gelegenheit damit, dass keine Partei die bayerischen Interessen im Bund so gut vertreten kann wie sie selbst. Doch mit jedem Prozentpunkt, den die CSU bei den Wahlen im Freistaat einbüßen muss, verliert sie an Einfluss und an Glaubwürdigkeit. Der Nimbus wäre dahin - wahrscheinlich für immer.

Wie schnell man in Berlin die Stimmen aus Bayern seit Edmund Stoibers Rücktritt überhört, konnten die Wähler bereits in den letzten Monaten gleich bei zwei wichtigen Themen beobachten, mit denen die CSU in Bayern Wahlkampf macht: bei der Forderung nach der Wiedereinführung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer und beim Steuerkonzept. Beide Male hat die Kanzlerin Parteichef Erwin Huber die kalte Schulter gezeigt.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wieso die Personaldebatten bei einem Ergebnis unter 50 Prozent noch in der Wahlnacht beginnen würden.

CSU-Szenario
:Szenario einer Niederlage

Sollte die CSU unter die Marke von 50 Prozent rutschen, wird noch in der Wahlnacht über die Zukunft von Ministerpräsident Beckstein und CSU-Chef Huber debattiert werden. Eine Spekulation in Bildern.

Zum anderen würde ein Wahlergebnis von 50 Prozent minus X die CSU in eine erneute Personaldebatte stürzen - noch in der Wahlnacht. Erstes Opfer wäre vermutlich Parteichef Huber. Er war gemeinsam mit Beckstein angetreten, um die Partei in eine sichere Post-Stoiber-Ära zu führen.

Stattdessen wäre die Lesart eine andere: Das Duo habe die CSU nicht gerettet, sondern Zukunftsängste ausgelöst. Die Hoffnungen würden dann vermutlich auf Verbraucherschutzminister Horst Seehofer ruhen. Die Partei hat ihm seine privaten Eskapaden längst verziehen - und der bundespolitische Einfluss könnte der CSU-Grande mit langjähriger Erfahrung im Bundeskabinett möglicherweise auch rasch wieder herstellen.

Auch Beckstein könnte seinen Sessel des Ministerpräsidenten vermutlich nicht mehr lange verteidigen. Auch wenn es nicht so ganz einfach werden dürfte, rasch einen Nachfolger zu installieren - einen natürlichen Nachfolger gibt es in der Partei derzeit nicht - über kurz oder lang würden die Christsozialen einen neuen Kandidaten küren.

Die Partei wäre bei einem Ergebnis unter 50 Prozent wochenlang nur mit sich selbst beschäftigt. Der Druck, möglichst rasch wieder zur alten Geschlossenheit zurückzufinden, würde stetig wachsen - ausgerechnet in der Phase vor der Europa- und der Bundestagswahl. Gerade in Wahlkampfzeiten kommen Parteien, die sich nur mit sich selbst beschäftigen, nicht besonders gut an.

Vielleicht wäre es jetzt doch an der Zeit, sich doch noch einen Plan B für den Fall zu überlegen, dass die Demographen in diesem Wahljahr einmal Recht behalten.

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